10 Dinge, die du über die Wikinger falsch gedacht hast! (Mit Video)
- Michael Praher
- 5. Apr.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Apr.

Hörst du „Wikinger“, denkst du wahrscheinlich an brutale Krieger mit gehörnten Helmen, die Dörfer niederbrennen und in blutigen Schlachten Ruhm suchen. Doch was, wenn ich dir sage, dass die meisten Vorstellungen über die Nordmänner völlig falsch sind?
1. Wikinger trugen gehörnte Helme
Vergiss alles, was du aus Filmen und Serien kennst! Es gibt keine archäologischen Funde, die beweisen, dass Wikinger gehörnte Helme trugen. Dieses Bild stammt aus dem 19. Jahrhundert, als Künstler die Wikingerzeit romantisierten. Tatsächlich trugen Wikinger eher schlichte Helme aus Eisen oder Leder – wenn sie sich überhaupt einen Helm leisten konnten. Ein Helm war teuer und wurde oft nur von wohlhabenden Kriegern oder Anführern getragen. Die meisten Wikinger schützten sich mit Kettenhemden oder verstärkten Lederkappen. Die gehörnten Helme, die wir heute mit Wikingern verbinden, entstanden durch Operninszenierungen, insbesondere durch Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen". Künstler fügten die Hörner hinzu, um die Krieger furchteinflößender wirken zu lassen. Tatsächlich wären Hörner im Kampf eher hinderlich gewesen, da sie leicht abgebrochen werden oder Gegnern eine Angriffsfläche bieten konnten.
2. Wikinger waren dreckig und ungepflegt
Wikinger waren für ihre Hygiene bekannt! Archäologen haben Kämme, Rasiermesser, Pinzetten und Ohrreiniger gefunden, die zeigen, dass sie großen Wert auf ihr Äußeres legten. Berichte aus dem Mittelalter beschreiben, dass sie sich regelmäßig wuschen, was sie im Vergleich zu den Europäern der damaligen Zeit fast schon als exzentrisch erscheinen ließ. Wikinger badeten mindestens einmal pro Woche, was für das Mittelalter ungewöhnlich oft war. Sie benutzten Seifen, die aus tierischen Fetten und Asche hergestellt wurden, um sich zu reinigen. Auch ihre Frisuren waren wichtig: Männer trugen oft kunstvolle Zöpfe oder rasierten sich Teile des Kopfes, während Frauen ihr Haar lang trugen und es mit Perlen und Bändern schmückten. In England beklagten sich christliche Mönche sogar darüber, dass Wikinger mit ihren sauberen Haaren und gepflegtem Aussehen die Frauen zu sehr beeindruckten!
3. Wikinger waren nur brutale Krieger
Die Nordmänner waren gefürchtete Krieger, aber das war nur ein Teil ihres Lebens. Viele von ihnen waren Bauern, Händler und Handwerker. Sie bauten Siedlungen, betrieben Ackerbau und handelten mit Silber, Pelzen und Gewürzen bis ins Byzantinische Reich. Ihre Netzwerke erstreckten sich über große Teile Europas, Asiens und sogar Nordamerikas! Tatsächlich war das Wort „Wikinger“ ursprünglich keine Bezeichnung für ein Volk, sondern eine Tätigkeit. „In den Wiking gehen“ bedeutete, auf Raubzüge oder Handelsreisen zu gehen. Nicht jeder Skandinavier war also ein Wikinger – viele lebten ein friedliches Leben als Fischer, Schmiede oder Bauern. Sie gründeten Städte wie Dublin und waren Meister der Seefahrt, was ihnen nicht nur beim Plündern, sondern vor allem beim Handel half. Sogar die legendäre Warägergarde des byzantinischen Kaisers bestand aus nordischen Kriegern, die als Elitesoldaten dienten.
4. Die Wikinger verehrten nur Odin und Thor
Zwar sind Odin und Thor die bekanntesten Götter der nordischen Mythologie, doch die Wikinger hatten eine vielschichtige Götterwelt. Frigg, die Göttin der Familie, Freyr, der Gott der Fruchtbarkeit, oder Hel, die Herrscherin der Unterwelt, spielten ebenso eine große Rolle. Ihre Religion war nicht dogmatisch, und viele Wikinger verehrten verschiedene Götter je nach Lebenslage. Besonders in landwirtschaftlich geprägten Gemeinschaften waren Götter wie Freyr oder Njörd von großer Bedeutung, da sie für Fruchtbarkeit und gutes Wetter sorgten. Krieger hingegen riefen oft Tyr an, während Kaufleute und Seefahrer auf den Schutz von Njörd oder Ran hofften. Neben den Hauptgöttern der Asen und Wanen glaubten die Wikinger auch an Geister und Naturwesen wie die Disen oder Landvættir, die das tägliche Leben beeinflussten. Opfergaben und Rituale wurden je nach Anlass durchgeführt, sei es zur Sicherung einer reichen Ernte oder für den Schutz auf hoher See.
5. Wikinger lebten nur in Skandinavien
Viele denken, Wikinger seien nur in Norwegen, Schweden und Dänemark geblieben. Doch ihre Reisen führten sie weit darüber hinaus: Sie siedelten in England, Schottland, Irland, Frankreich, Island, Grönland und sogar in Nordamerika. Die Stadt Dublin wurde von Wikingern gegründet, und die Normandie in Frankreich geht ebenfalls auf nordische Siedler zurück. Neben den westlichen Siedlungen spielten auch die östlichen Handelsrouten eine bedeutende Rolle. Wikinger, besonders die als „Waräger“ bekannten Schweden, reisten auf Flüssen tief nach Russland und bis nach Konstantinopel. Sie handelten mit wertvollen Waren wie Pelzen, Bernstein und Sklaven und dienten sogar als Elitesoldaten in der Warägergarde des byzantinischen Kaisers. In Island und Grönland bauten sie dauerhafte Siedlungen auf, und in Vinland – dem heutigen Kanada – setzten sie sogar kurzzeitig Fuß auf nordamerikanischen Boden, lange bevor Kolumbus Amerika „entdeckte“.
6. Wikinger waren riesige, muskulöse Männer
Hollywood liebt das Bild des zwei Meter großen, breit gebauten Wikingers. Die Realität war aber eine andere: Der durchschnittliche Wikinger-Mann war etwa 1,70 m groß – für damalige Verhältnisse normal. Auch Frauen waren oft stark und arbeiteten in der Landwirtschaft oder verteidigten ihre Siedlungen, wenn es nötig war. Der Körperbau der Wikinger hing stark von ihrer Ernährung und ihrem Lebensstil ab. Während Krieger durch regelmäßiges Training durchaus muskulös sein konnten, waren Bauern und Handwerker oft drahtig und an harte Arbeit gewöhnt. Frauen waren keineswegs schwach oder ausschließlich für das Haus zuständig – es gibt Berichte über Schildmaiden wie Lagertha oder Hervör, die als Kriegerinnen kämpften. Skelettfunde zeigen, dass nordische Frauen oft kräftig gebaut waren, was darauf hindeutet, dass sie körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten ausführten. Auch wenn die Wikinger keine übermenschlichen Riesen waren, waren sie dennoch starke und widerstandsfähige Menschen, die sich den extremen Bedingungen ihrer Zeit anpassten.
7. Wikinger hatten ein einheitliches Reich
Die Wikinger waren kein einheitliches Volk mit einem großen Königreich. Sie bestanden aus verschiedenen Stämmen und Clans, die oft miteinander im Konflikt standen. Es gab dänische, norwegische und schwedische Wikinger, die unterschiedliche Ziele verfolgten – von Plünderungen in England bis zum Handel im Osten. Jeder dieser Gruppen hatte eigene Anführer, oft Jarle genannt, die über ihre Gebiete herrschten. Es gab zwar Könige, aber ihre Macht war nicht absolut, da die Wikinger eine stark dezentrale Gesellschaft hatten. Die berühmten Thing-Versammlungen entschieden über wichtige Angelegenheiten, und ein König musste sich stets die Unterstützung seiner Krieger sichern. Erst im Laufe der Zeit formten sich größere Reiche, wie das Königreich Dänemark unter Harald Blauzahn oder das Norwegische Königreich unter Harald Schönhaar. Doch selbst dann gab es immer wieder innere Kämpfe um die Vorherrschaft, und eine vollständige Einigung aller Wikinger gab es nie.
8. Wikinger schrieben keine Geschichte auf
Wikinger hatten keine klassische Schriftkultur wie die Römer oder Griechen, aber sie hinterließen Runeninschriften, die kurze Botschaften und Gedenktexte enthielten. Ihre Geschichten wurden mündlich weitergegeben und erst Jahrhunderte später von christlichen Mönchen aufgeschrieben, weshalb viele Berichte verzerrt oder übertrieben dargestellt wurden. Die Runensteine, die überall in Skandinavien gefunden wurden, erzählen von großen Reisen, mutigen Kriegern und gefallenen Helden. Diese Inschriften waren meist kurz, da das Ritzen in Stein mühsam war. Ihre eigentlichen Geschichten, die Sagas, wurden von Skalden, den Dichtern der Wikinger, über Generationen weitergegeben. Viele dieser Erzählungen wurden erst im Mittelalter niedergeschrieben, oft von christlichen Autoren, die die heidnischen Wikinger in einem bestimmten Licht darstellen wollten.
9. Wikinger tranken aus Schädeln ihrer Feinde
Die Nordmänner tranken nicht aus Schädeln, sondern benutzten kunstvoll verzierte Trinkhörner. Diese waren nicht nur praktisch, sondern auch ein Zeichen von Status und Reichtum. Das Missverständnis geht auf ein altnordische Wort „ór bjúgviðum hausa“ zurück, das sich sinngemäß mit „aus den gebogenen Ästen der Schädel“ übersetzen lässt. Gemeint waren damit Trinkhörner, doch später wurde dies fälschlicherweise als „aus Schädeln trinken“ interpretiert. Tatsächlich waren Trinkhörner aus Rinderhörnern weit verbreitet und oft kunstvoll verziert. Wohlhabende Wikinger besaßen sogar Trinkgefäße aus Silber oder Gold, während einfachere Leute Holz- oder Tonbecher nutzten. Der Mythos von den Schädelbechern mag zwar eindrucksvoll klingen, doch er gehört eher in die Welt der Fantasy als in die Realität der Wikingerzeit.
10. Wikingerzeit endete mit der Christianisierung
Viele glauben, dass die Wikinger mit der Christianisierung Skandinaviens verschwanden. Doch in Wahrheit passten sich die Nordmänner an. Sie nahmen das Christentum an, wurden Könige, Ritter und Händler – doch ihr Erbe lebte weiter. Ihre Seefahrtstechniken beeinflussten spätere Generationen, und ihre Geschichten faszinieren uns bis heute.
Die Umstellung auf das Christentum geschah schrittweise über Jahrhunderte. Bereits im 9. Jahrhundert gab es Kontakte mit christlichen Missionaren, doch erst im 11. Jahrhundert wurde das Christentum in Skandinavien offiziell durchgesetzt. Viele Wikinger sahen keinen Widerspruch darin, Jesus neben ihren alten Göttern zu verehren, und erst nach und nach verschwanden die heidnischen Rituale. Doch das bedeutete nicht, dass die Wikinger plötzlich aufhörten zu existieren. Viele von ihnen wurden in die europäischen Königreiche integriert, kämpften als Söldner oder gründeten eigene Reiche – wie die Normannen, die ursprünglich Wikinger waren und später England eroberten.
Auch kulturell hinterließen sie tiefe Spuren. Die nordische Mythologie, ihre Kunst und ihre Sagas überdauerten die Jahrhunderte. Selbst heute erinnern viele skandinavische Traditionen, Ortsnamen und sogar einige Wörter in der englischen Sprache an die Wikingerzeit. Das Ende der heidnischen Wikinger bedeutete nicht das Ende ihrer Kultur – sie veränderte sich nur und lebt in vielerlei Hinsicht bis heute weiter.
Fazit – Die Wahrheit über die Wikinger
Die Wikinger waren weit mehr als nur plündernde Barbaren. Sie waren Seefahrer, Händler, Entdecker und sogar Diplomaten. Ihr Einfluss auf die Weltgeschichte ist enorm, und vieles, was wir über sie zu wissen glauben, beruht auf Mythen und Übertreibungen. Welcher dieser Punkte hat dich am meisten überrascht? Lass es mich in den Kommentaren wissen!
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