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Bedeutende Wikingerfunde 2000–2010 – Schätze, Massengräber und neue Erkenntnisse

  • Autorenbild: Michael Praher
    Michael Praher
  • 18. Sept.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 27. Okt.

Illustration einer Wikinger Ausgrabung mit Silberschätzen und Skeletten

Inhaltsverzeichnis:

🔸 Fazit

🔸 FAQ

Einleitung

Nach den großen Entdeckungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann im neuen Jahrtausend eine regelrechte Blütezeit der Wikingerarchäologie. Neue Technologien, bessere Grabungsmethoden und interdisziplinäre Forschung ermöglichten spektakuläre Funde, die unser Bild der Nordmänner noch einmal vertieften.


Die 2000er Jahre standen im Zeichen von großen Schatzfunden, einzigartigen Massengräbern und neu bewerteten Siedlungen, die das komplexe Geflecht aus Handel, Krieg und Kultur der Wikinger eindrucksvoll sichtbar machten.

Frühe 2000er – Kaupang und die Wiederentdeckung einer Handelsstadt

Kaupang in Südost-Norwegen war bereits seit dem 19. Jahrhundert als Wikingerfundplatz bekannt. Doch die großangelegten Grabungen zwischen 1998 und 2003 brachten ein völlig neues Bild dieser Handelsstadt ans Licht. Archäologen legten nicht nur Wohnhäuser und Handwerksbetriebe frei, sondern fanden auch Importwaren aus allen Ecken Europas – darunter Bernstein, Glasperlen, Münzen und Keramik.


Besonders spannend war die Erkenntnis, dass Kaupang bereits im 9. Jahrhundert eine blühende Stadt mit mehreren hundert Einwohnern war. Die Funde zeigen, dass es sich nicht um ein loses Siedlungsgebiet handelte, sondern um eine geplante Stadtstruktur mit klar erkennbaren Straßen und Parzellen.


Damit bestätigte Kaupang, dass die Wikinger nicht nur Seefahrer und Krieger waren, sondern auch geschickte Händler, Handwerker und Stadtgründer, die komplexe städtische Strukturen entwickeln konnten. Viele der entdeckten Objekte, wie fein gearbeitete Fibeln oder Waffen, belegen zudem, dass Kaupang ein wichtiger Umschlagplatz für Luxusgüter war – und somit in enger Verbindung zu den großen Handelsnetzen der Zeit stand.

Schatzfunde und Massengräber

2007: Der Vale of York Hoard (Harrogate-Schatz)


Im Jahr 2007 machten zwei Hobby-Metalldetektoren im englischen North Yorkshire einen der größten und bedeutendsten Wikingerschatzfunde auf den Britischen Inseln. Der sogenannte Vale of York Hoard (auch Harrogate-Schatz genannt) besteht aus über 600 Einzelstücken, darunter Silbermünzen, Barren, Armringe und Goldschmuck.


Besonders bemerkenswert ist die Vielfalt der Münzen: Sie stammen aus England, Irland, dem Byzantinischen Reich und sogar aus dem Kalifat im Nahen Osten. Damit bietet der Schatz ein eindrucksvolles Panorama der weiten Handels- und Beziehungsnetze der Wikinger.


Die Stücke wurden in einem verzierten silbernen Gefäß aufbewahrt, das selbst ein Import aus dem heutigen Frankreich war. Archäologen datieren den Schatz auf das frühe 10. Jahrhundert – eine Zeit, in der die Wikinger in Nordengland große Macht ausübten.

Der Vale of York Hoard zeigt nicht nur den Reichtum der Nordmänner, sondern auch, dass sie eine kosmopolitische Kultur waren, die Münzen und Edelmetalle aus den unterschiedlichsten Teilen der damaligen Welt sammelte. Heute gilt er als einer der bedeutendsten Wikingerfunde Großbritanniens.


2008: Die Schiffsgräber von Salme (Estland)

Nur ein Jahr später folgte die nächste Sensation: Auf der estnischen Insel Saaremaa entdeckten Archäologen gleich zwei Schiffsgräber, in denen insgesamt 41 Männer bestattet worden waren. Die Schiffe stammen aus der Zeit um 750 n. Chr., also noch vor dem „klassischen“ Wikingerzeitalter, und gehören damit zu den frühesten bekannten Zeugnissen nordischer Seekriegsführung.


Die Toten waren mit Schwertern, Speeren, Pfeilen und Schilden ausgestattet – alles deutet auf eine Kriegergruppe hin, die in einer gewaltsamen Auseinandersetzung ums Leben kam. Viele der Skelette zeigen Spuren tödlicher Verletzungen.


Besonders faszinierend: Anders als bei den bekannten Schiffsgräbern von Oseberg oder Gokstad handelt es sich hier nicht um eine königliche Bestattung, sondern um ein regelrechtes Massengrab für gefallene Krieger. Wahrscheinlich wurden die Männer nach einer Schlacht feierlich in ihren Schiffen bestattet und anschließend gemeinsam beigesetzt.

Die Salme-Schiffe liefern nicht nur Hinweise auf die frühe militärische Organisation der Skandinavier, sondern zeigen auch, dass bereits im 8. Jahrhundert komplexe Rituale im Umgang mit gefallenen Kriegern gepflegt wurden.

2010: Annagassan – der vergessene Wikingerstützpunkt Linn Duachaill

Im Jahr 2010 sorgte eine Entdeckung in Irland für großes Aufsehen: In der Nähe des kleinen Ortes Annagassan (Grafschaft Louth) konnten Archäologen die Überreste des lange gesuchten Wikingersstützpunktes Linn Duachaill identifizieren.


Bereits in den Quellen des 9. Jahrhunderts wird dieser Ort erwähnt: Er wurde um 841 n. Chr. von den Wikingern gegründet, im gleichen Jahr wie das bekanntere Dubh Linn – das heutige Dublin. Doch während Dublin rasch zu einer der wichtigsten Wikingerstädte Irlands anwuchs, verschwand Linn Duachaill schon nach wenigen Jahrzehnten aus den Schriftquellen.


Die Funde in Annagassan – darunter Wälle, Gräben, Gebäudespuren und Artefakte – bestätigten, dass es sich tatsächlich um eines der sogenannten longphorts handelte. Diese befestigten Lager dienten den Wikingern sowohl als Stützpunkte für Plünderungszüge als auch als Handelsstationen.


Besonders spannend war die Erkenntnis, dass Linn Duachaill strategisch an einem Fluss lag, von dem aus die Wikinger rasch ins Landesinnere vordringen konnten. Warum der Ort aufgegeben wurde, ist bis heute nicht ganz klar. Manche Forscher vermuten, dass die Gezeiten und Sandbänke den Zugang zum Meer erschwerten – und die Wikinger sich daher lieber auf Dublin konzentrierten.


Mit der Wiederentdeckung von Linn Duachaill wurde ein weiteres Puzzlestück der Wikingerpräsenz in Irland ergänzt und deutlich, dass die Nordmänner dort weit mehr Stützpunkte betrieben, als lange angenommen.

Fazit

Die Jahre 2000 bis 2010 haben unser Bild der Wikinger erneut vertieft und erweitert. Während die Grabungen in Kaupang die Urbanität und das wirtschaftliche Geschick der Nordmänner verdeutlichten, lieferten Schatzfunde wie der Vale of York Hoard ein eindrucksvolles Zeugnis ihrer weltweiten Handelsverbindungen.


Die Schiffsgräber von Salme gaben uns einen seltenen Einblick in die Rituale und militärischen Strukturen der frühen Wikingerzeit, während die Wiederentdeckung von Linn Duachaill zeigte, wie weit verzweigt und flexibel die Stützpunktpolitik der Nordmänner in Irland war.


Damit sind die 2000er ein Jahrzehnt, in dem die Wikinger nicht nur als Krieger, sondern auch als Händler, Siedler und Teil globaler Netzwerke sichtbar wurden.

FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Wikingerfunden 2000–2010

Warum ist der Vale of York Hoard so bedeutend?

Weil er Münzen und Edelmetalle aus England, Byzanz und dem Kalifat vereint – ein Beweis für die globalen Verbindungen der Wikinger.

Was unterscheidet die Schiffsgräber von Salme von anderen bekannten Schiffsgräbern?

Während Oseberg oder Gokstad Königs- und Fürstengräber waren, handelt es sich bei Salme um ein Massengrab gefallener Krieger – ein einzigartiger Befund.

Welche Rolle spielte Kaupang in Norwegen?

Kaupang war eine der ersten geplanten Handelsstädte Skandinaviens und zeigt, dass Wikinger früh komplexe städtische Strukturen entwickeln konnten.

Warum verschwand Linn Duachaill wieder aus der Geschichte?

Vermutlich, weil sein Standort strategisch ungünstiger war als Dublin. Möglicherweise machten Sandbänke und Gezeiten den Zugang vom Meer aus schwieriger.

Die Funde der 2000er haben gezeigt, wie vielseitig die Wikinger waren. Doch die größten Überraschungen sollten erst noch kommen:




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