Wie lebten die Wikinger wirklich? Alltag & Gesellschaft im echten Norden
- Michael Praher

- 24. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Aug.

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Wenn wir an Wikinger denken, haben viele sofort Bilder von rauen Kriegern, Drachenbooten und Plünderfahrten im Kopf. Doch das ist nur ein kleiner Teil ihrer Geschichte. Die meisten Wikinger waren keine Krieger – sie waren Bauern, Händler, Handwerker und Familienmenschen. Dieser Artikel beleuchtet, wie der Alltag der Wikinger wirklich aussah, jenseits von Klischees und Legenden.
Historischer Rahmen: Wer waren die Wikinger eigentlich?
Der Begriff „Wikinger“ bezieht sich nicht auf ein Volk im ethnischen Sinne, sondern beschreibt eine Tätigkeit: das „auf Fahrt gehen“ – also das Reisen und oft auch Rauben per Schiff. Diese sogenannte Wikingerzeit erstreckte sich etwa von 793 bis 1066 n. Chr. und umfasste vor allem Gebiete des heutigen Norwegens, Schwedens und Dänemarks.
Nicht alle Skandinavier dieser Zeit waren also „Wikinger“ im engeren Sinne. Die meisten lebten sesshaft, betrieben Landwirtschaft und lebten in dörflichen Gemeinschaften. Die berühmten Raubzüge waren nur ein saisonaler Aspekt des Lebens – oft von jüngeren, unverheirateten Männern ausgeführt.
Alltag zwischen Ackerbau, Viehzucht und Handwerk
Das Leben der Wikinger war geprägt von harter Arbeit und dem Rhythmus der Jahreszeiten. Der Großteil der Bevölkerung lebte auf kleinen Höfen und ernährte sich durch Landwirtschaft und Viehzucht.
Typischer Alltag:
Männer arbeiteten auf dem Feld, jagten, gingen fischen oder stellten Gegenstände her.
Frauen führten den Haushalt, kümmerten sich um Kinder, Tiere und die Verarbeitung von Lebensmitteln und Textilien.
Kinder halfen früh im Alltag mit, wurden aber auch spielerisch auf ihre zukünftigen Rollen vorbereitet.
Typische Berufe:
Schmiede, Zimmerleute und Töpfer waren geschätzte Handwerker.
Kaufleute reisten weit – bis nach Konstantinopel und Bagdad.
Skalden (Dichter) trugen Geschichten weiter und bewahrten Wissen in Liedform.
Viele Wikinger lebten in Langhäusern aus Holz oder Torf, meist in kleinen Dörfern mit engen sozialen Bindungen. Diese Höfe waren autark und boten oft Platz für eine Großfamilie mitsamt Knechten und Mägden.
Gesellschaftlicher Aufbau: Von Jarlen bis zum freien Bauern
Die Gesellschaft der Wikinger war klar gegliedert – in eine Hierarchie, die aber auf Mobilität beruhte.
Gesellschaftsschichten:
Jarls: Die Oberschicht – Kriegeraristokratie mit Einfluss, Reichtum und Gefolgschaft.
Karls: Freie Bauern, Händler und Handwerker – die tragende Säule der Gesellschaft.
Thralls: Unfreie – meist Sklaven, Kriegsgefangene oder Verschuldete, die für die Jarls und Karls arbeiteten.
Reichtum, Tapferkeit und Verbindungen konnten den sozialen Aufstieg begünstigen. Auch Frauen hatten mehr Rechte als in vielen anderen Kulturen: Sie konnten Besitz erben, Scheidungen einleiten und Höfe führen.
Glaube, Werte und Rechtsprechung im Wikingerleben
Die nordische Mythologie war tief in den Alltag eingebettet. Odin, Thor, Freyja und viele andere Götter wurden verehrt, aber ebenso die Ahnen und Naturgeister. Rituale fanden sowohl im häuslichen Bereich als auch an kultischen Orten statt, etwa an heiligen Hainen oder Steinen.
Werte im Alltag:
Ehre und Ruf waren essenziell.
Gastfreundschaft galt als heilige Pflicht.
Blutrache und Sühne waren Teil der Rechtspflege, bis der Thing (Volksversammlung) Streitschlichtung regelte.
Der Thing war ein demokratisches Element: Dort wurden Gesetze beschlossen, Streitigkeiten beigelegt und Urteile gefällt – oft unter freiem Himmel und mit breiter öffentlicher Beteiligung.
Handel, Reisen und kulturelle Offenheit
Wikinger waren nicht nur gefürchtete Krieger – sie waren auch weltgewandte Händler und Entdecker. Ihre Handelsrouten reichten von Island bis Byzanz, von Grönland bis zum Kaspischen Meer. Sie tauschten Pelze, Bernstein, Waffen, Honig, Walrosszähne und Sklaven gegen Seide, Gewürze, Edelmetalle und Glas.
Diese Kontakte führten zu einem regen kulturellen Austausch, der auch ihren Alltag beeinflusste – etwa in Form von Kleidung, Technologien und Ideen.
Was bleibt von ihrem Erbe?
Der Alltag der Wikinger war ein vielschichtiges Geflecht aus Arbeit, Glaube, Familie, Kampf, Ehre und Gemeinschaft. Heute fasziniert uns dieser Mix aus Pragmatismus und Spiritualität, aus Härte und Stolz. Viele moderne Vorstellungen von Freiheit, Gleichheit oder Ehre in nordischer Tradition gründen auf diesem kulturellen Erbe – auch wenn manche romantisiert oder verzerrt dargestellt werden.
FAQ – Häufige Fragen zum Wikinger-Alltag
Gab es bei den Wikingern Schulen?
Nein, formale Schulen gab es nicht. Wissen wurde durch praktische Lehre, Erzählungen und Tradition weitergegeben.
Wie lebten Wikinger-Frauen?
Wikingerfrauen hatten relativ viele Rechte, führten den Haushalt, konnten erben und wurden als wichtige Mitglieder der Gesellschaft geschätzt.
Hatten die Wikinger eine einheitliche Religion?
Nicht im dogmatischen Sinn. Der Glaube war vielfältig, lokal geprägt und basierte auf Mythen, Naturverehrung und Ahnenkult.
Waren alle Wikinger Krieger?
Nein. Die Mehrheit war in Landwirtschaft und Handwerk tätig. Kriegszüge waren saisonal und freiwillig.











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