Ragnar Lodbrok – Der sagenhafte Wikingerheld zwischen Legende und Geschichte (Mit Video)
- Michael Praher
- 5. Apr.
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Stunden

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Ragnar Lodbrok – kaum ein Wikinger-Name weckt so viele Bilder von brennenden Klöstern, Drachenkämpfen und blutigen Schlachten. Doch wer war dieser Mann wirklich? War er ein historischer Wikingerkrieger des 9. Jahrhunderts oder eine literarische Figur, die Mythen, Heldenepen und die Träume einer ganzen Kultur in sich vereinte?
Die Quellen sind widersprüchlich. Einige Chroniken sehen in ihm einen realen Anführer, der die Küsten Englands und Frankreichs in Angst und Schrecken versetzte. Andere deuten darauf hin, dass Ragnar ein Sammelbegriff ist – ein Gefäß, in dem die Erinnerungen an mehrere große Krieger zusammenflossen. Was jedoch sicher ist: Ragnar wurde zur Ikone. Und seine Legende überdauerte Generationen – getragen von Geschichten, Liedern und dem unsterblichen Ruf nach Ruhm.
Die Geburt eines Helden – Prophezeiung und göttliche Abstammung
Wie viele große Heldenfiguren der nordischen Mythologie beginnt auch Ragnars Geschichte nicht einfach – sie wird vorhergesagt. Seine Mutter, laut Überlieferung eine adlige Frau oder eine Zauberin, träumte von einem gewaltigen Sturm. Der Orkan riss Wälder nieder, doch aus der Verwüstung wuchs ein Baum, dessen Äste den Himmel durchbohrten. Die Seher deuteten: Aus diesem Kind würde ein Krieger erwachsen, dessen Ruhm über die Welt hinausreicht.
Ragnars Vater soll niemand Geringerer als Sigurd Ring gewesen sein – ein mächtiger König Skandinaviens, der selbst als Nachfahre der Götter galt. In manchen Versionen reicht Ragnars Stammbaum sogar bis zu Odin zurück – dem höchsten Gott, dem Krieger, Wanderer und Runenmeister. Diese göttliche Herkunft war nicht nur epischer Schmuck: In der Wikingerzeit war sie ein legitimes Mittel zur Machtsicherung. Wer göttliches Blut in sich trug, war berufen, zu herrschen.
Doch mit dem Segen kam auch der Fluch. Die Seher prophezeiten nicht nur Ruhm, sondern auch einen grausamen, schicksalhaften Tod. Ragnar würde große Reiche erobern, doch sein Ende sollte so blutig und tragisch sein, dass selbst Götter schweigen würden. Ein Leben für die Legenden – von Anfang an.
Der Drachenkampf – Ragnars erster großer Ruhm
Schon in jungen Jahren bewies Ragnar außergewöhnlichen Mut und eine Rastlosigkeit, die ihn immer wieder in Gefahr trieb. Der berühmteste Beweis: sein Kampf gegen einen Drachen.
Der Legende nach hauste das Untier in einer abgelegenen Festung, umgeben von dunklen Wäldern. Keiner wagte sich in seine Nähe – sein Atem war giftig, seine Schuppen undurchdringlich. Doch Ragnar stellte sich ihm. Um sich zu schützen, entwarf er eine besondere Rüstung: eine mit Teer getränkte Hose, mit Fell verstärkt – sein berühmter Beiname „Lodbrok“ (altnordisch für „Fellhose“) geht auf diese Begebenheit zurück.
Mit Mut, List und Schwert stellte sich Ragnar der Bestie. Nach einem erbitterten Kampf streckte er den Drachen nieder – eine Tat, die ihn zum Helden machte. Fortan eilte sein Name durch die Lande. Nicht nur als Krieger, sondern als Drachenbezwinger, Auserwählter, Held.
Lagertha – Schildmaid, Geliebte, Kriegerin
Ragnars nächstes Abenteuer führte ihn zu einer Frau, deren Mut und Stärke selbst in der Männerwelt der Wikinger ehrfürchtig bewundert wurde: Lagertha, die berühmte Schildmaid. Sie war keine gewöhnliche Frau – sie war Kriegerin, Anführerin und so stolz wie tödlich mit der Axt.
Ragnar begegnete ihr, nachdem er einen Herrscher gestürzt hatte, der Frauen – darunter Lagertha – gefangen gehalten hatte. Sie kämpfte an seiner Seite und beeindruckte ihn tief. Doch Lagertha ließ sich nicht einfach erobern: Um ihre Hand zu gewinnen, musste Ragnar einen Bären und einen riesigen Hund besiegen, die sie vor ihrem Haus als Wächter gehalten haben soll. Ragnar tat es – mit Speer und bloßen Händen. Erst dann ließ Lagertha ihn an sich heran.
Sie heirateten, bekamen eine Tochter – doch das Feuer zwischen ihnen loderte zu hell, um dauerhaft zu brennen. Lagertha war nicht geschaffen für das stille Leben an Ragnars Seite. Sie war Herrin ihres eigenen Schicksals – und Ragnar, getrieben von Ambitionen, zog weiter. Ihre Beziehung endete, doch die Legende von Lagertha blieb. Und sie sollte nicht die letzte große Frau in seinem Leben gewesen sein.
Die Hochzeit mit Aslaug – Mutter der legendären Söhne
Ragnars zweite große Liebe war Aslaug, Tochter des Drachentöters Sigurd und der Walküre Brynhild – eine Verbindung, die seine Geschichte noch stärker mit der nordischen Mythologie verknüpft. Aslaug war schön, klug und geheimnisvoll. Sie begegnete Ragnar als einfache Bäuerin, doch bald erkannte er ihre königliche Herkunft.
Mit Aslaug zeugte Ragnar mehrere Söhne, von denen jeder zu einer Legende wurde:
Ivar der Knochenlose – listig, grausam, körperlich deformiert, aber strategisch brillant.
Björn Eisenseite – tapferer Entdecker und Stammvater königlicher Linien.
Sigurd Schlangenauge, Hvitserk und Ragnald – Krieger mit eigenen düsteren Legenden.
Diese Kinder waren keine gewöhnlichen Männer – sie waren Erben eines Mythos, geboren aus dem Blut eines Drachentöters und der Linie Odins. Und sie würden bald selbst zu Göttern der Schlacht werden.
Raubzüge und der Drang nach Unsterblichkeit
Ragnar war kein König im klassischen Sinn. Er war kein Verwalter, sondern ein Eroberer – getrieben von dem unbändigen Verlangen nach Ruhm, Reichtum und der Unvergänglichkeit seines Namens. Sein Platz war nicht auf einem Thron, sondern an der Spitze seiner Männer – auf Drachenbooten, durch Sturm und Flammen, über Meere und Küsten hinweg.
Er plünderte Klöster, brandschatzte Städte, raubte Reichtümer – besonders in England und Frankreich. Die Überfälle auf Lindisfarne und andere Klöster machten ihn zur Verkörperung des Heidentums in den Augen der Christen. Später führte er sogar eine Flotte auf der Seine bis vor die Tore von Paris – und zwang die Stadt durch eine brutale Belagerung zur Tributzahlung. Er wurde gefürchtet und verehrt – nicht nur als Krieger, sondern als Symbol einer neuen Zeit.
Doch Ruhm genügte Ragnar nicht. Er wollte ein Ende, das seiner würdig war – nicht alt und vergessen, sondern episch, unsterblich. Ein Tod, der Lieder hervorrufen würde. Und so wagte er noch einen letzten Raubzug. Allein. Gegen jede Warnung.
Der Tod im Schlangengraben
Ragnars letzter Feldzug führte ihn erneut nach England – nach Northumbria, wo König Ælla herrschte. Ohne Unterstützung seiner Söhne, mit nur wenigen Schiffen, landete er an der Küste. Doch diesmal war das Glück nicht auf seiner Seite. Seine Männer wurden geschlagen, er selbst gefangen genommen.
Ælla, gequält von Rache für frühere Überfälle, beschloss, ihn öffentlich hinzurichten – grausam, unwiderruflich. Kein Schwert, kein Schildwall, kein ehrenvoller Tod in der Schlacht. Stattdessen: eine Grube voller Schlangen.
Ragnar wurde hineingeworfen – entkleidet, gebrochen, aber stolz. Die Schlangen bissen, ihr Gift sickerte in sein Fleisch. Doch Ragnar weinte nicht. Stattdessen sprach er – mit ruhiger Stimme und flammenden Worten:
„Wie die Ferkel quieken würden, wenn sie das Wüten des alten Ebers sähen!“
Eine Prophezeiung. Eine Warnung. Und ein Versprechen. Seine Söhne würden ihn rächen.
Die blutige Rache der Söhne
Ragnars Tod blieb nicht unbeantwortet. Als seine Söhne die Nachricht erhielten, vereinten sie sich – Ivar, Björn, Hvitserk und Sigurd – und stellten ein Heer zusammen, das in den Chroniken als das Große Heidnische Heer bekannt wurde.
Sie landeten in England – nicht als Plünderer, sondern als Rächer. Sie eroberten Städte, zerstörten Armeen und brachten Tod und Feuer über das Land. Schließlich nahmen sie Ælla gefangen – und vollzogen das, was bis heute als das blutigste Rache-Ritual der nordischen Welt gilt: den Blutadler.
Ællas Rücken wurde geöffnet, seine Rippen gebrochen, seine Lungen ausgebreitet wie Flügel. Ein schrecklicher Akt – brutal, symbolisch, endgültig. Ragnar war gerächt. Doch die Wut seiner Söhne veränderte die Welt. Und festigte das, was Ragnar sich gewünscht hatte: Ewigen Ruhm.
Ragnar Lodbrok – Mythos, Mann, Wikinger-Legende
Ob Ragnar wirklich existierte, bleibt ungewiss. Historiker vermuten, dass seine Figur auf mehreren realen Wikingern basiert – darunter Reginherus, der 845 Paris angriff. Doch ob Mensch oder Mythos: Ragnar wurde zur Projektionsfläche für das, was die Wikinger auszeichnete – Mut, Ehre, Gewalt, Schicksal, Familie.
Er war Held, Vater, Drachenbezwinger und Geißel der Christen. Und seine Söhne führten sein Erbe weiter – mit Blut und Feuer, aber auch mit dem Aufbau von Reichen. Seine Geschichte lebt in den Sagas, in der Kunst, in modernen Serien wie Vikings – und in der Erinnerung an eine Zeit, in der Männer mit Schiffen kamen und die Welt erschütterten.
Historisch erwähnt wird ein Krieger namens „Reginherus“, der 845 Paris plünderte – möglicherweise das reale Vorbild Ragnars. Auch in der Gesta Danorum von Saxo Grammaticus, einem dänischen Chronisten des 12. Jahrhunderts, finden sich viele der überlieferten Geschichten.
Ragnar Lodbrok in der Popkultur
Kaum eine Figur der nordischen Legendenwelt hat in der modernen Popkultur einen solchen Aufschwung erlebt wie Ragnar Lodbrok. Besonders durch die erfolgreiche Fernsehserie „Vikings“ (2013–2020), in der er von Schauspieler Travis Fimmel dargestellt wird, wurde Ragnar einem weltweiten Publikum bekannt. Die Serie erzählt seine Geschichte als eine epische Reise vom einfachen Bauern zum König, Krieger und Vater – und verbindet dabei historische Ereignisse mit mythologischen Motiven.
Obwohl die Darstellung stark fiktionalisiert ist, hat Vikings dazu beigetragen, das Interesse an der Wikingerzeit und ihren Helden neu zu entfachen. Ragnar wird dort nicht nur als Krieger gezeigt, sondern auch als Zweifler, Träumer und spirituell Suchender – eine moderne Neuinterpretation eines alten Mythos.
Auch in Videospielen wie Assassin’s Creed Valhalla oder in Comics, Romanen und Metal-Songs lebt Ragnar Lodbrok weiter – oft als Symbol für Rebellion, ungebrochene Willenskraft und das Streben nach einem größeren Schicksal.
Diese Darstellungen zeigen: Ragnar ist nicht nur Teil der Vergangenheit. Er lebt – in Erzählungen, auf Bildschirmen und in der kollektiven Vorstellungskraft eines Publikums, das von der Macht des Mythos immer noch fasziniert ist.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer war Ragnar Lodbrok wirklich?
Ragnar Lodbrok ist eine legendäre Gestalt aus der nordischen Überlieferung. Ob er tatsächlich als einzelne historische Person existierte, ist unklar – viele Forscher gehen davon aus, dass er auf mehreren realen Wikingern basiert.
Was bedeutet der Name „Lodbrok“?
Hatte Ragnar Lodbrok wirklich Söhne wie Ivar oder Björn?
Ist die Serie „Vikings“ historisch korrekt?
Was ist der Blutadler?
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