Die nordischen Götter – Eine Zusammenfassung (Mit Video)
- Michael Praher
- 31. März
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Apr.

Die nordische Mythologie ist geprägt von einer Vielzahl mächtiger Götter, die in Asgard, dem Reich der Asen, und Vanaheim, der Heimat der Wanen, leben. Diese Götter beeinflussen das Schicksal der Menschen, kämpfen gegen Chaoswesen und bereiten sich auf Ragnarök, das Ende der Welt, vor. Die bekanntesten Götter stammen aus zwei Hauptgruppen: den kriegerischen Asen und den naturverbundenen Wanen, die einst in einem großen Krieg gegeneinander kämpften, bevor sie Frieden schlossen.
Odin – Der Allvater
Odin ist der höchste Gott der nordischen Mythologie, Herrscher von Asgard und Gott der Weisheit, des Krieges und der Magie. Er wird oft als rastloser Wanderer beschrieben, der in ständiger Suche nach Wissen durch die neun Welten streift. Um die Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln, opferte er sein rechtes Auge im Brunnen von Mimir und hing neun Tage und Nächte an Yggdrasil, dem Weltenbaum, durchbohrt von seinem eigenen Speer, um die Runen und ihre mächtigen Kräfte zu erlangen.
Begleitet von seinen Raben Hugin („Gedanke“) und Munin („Erinnerung“), die täglich über die Welt fliegen und ihm Bericht erstatten, sowie seinen Wölfen Geri und Freki, die an seiner Seite kämpfen, herrscht Odin über Asgard mit Weitsicht und List. Seine Gestalt ist wandelbar – mal erscheint er als strenger Krieger, mal als bärtiger Wanderer mit breitem Hut und einem Umhang, stets auf der Suche nach neuer Erkenntnis.
Doch Odin ist nicht nur ein Gelehrter und Magier, sondern auch ein gefürchteter Kriegsgott. Er lenkt die Schlachten, schenkt seinen Anhängern Siegesglück oder wendet sich von ihnen ab, wenn ihr Schicksal besiegelt ist. Er wählt die tapfersten Krieger aus, die in Valhalla, seiner großen Halle, weiterkämpfen, um sich auf die letzte Schlacht Ragnarök vorzubereiten. Hier trinken sie Met, üben sich im Kampf und erwarten den Tag, an dem Odin sie in den endgültigen Krieg gegen die Mächte des Chaos führen wird.
Doch Odins Schicksal ist bereits besiegelt. In Ragnarök wird er dem gewaltigen Fenriswolf begegnen und von ihm verschlungen werden. Doch auch in seinem Tod bleibt er eine zentrale Figur der nordischen Welt, denn sein Vermächtnis – die Suche nach Wissen, die Macht der Runen und der ewige Kampf gegen das Chaos – lebt in den Geschichten der Götter und Menschen weiter.
Thor – Der Donnergott
Thor, der Sohn Odins und Jord, der Erde, ist der stärkste aller Götter und der mächtige Beschützer von Midgard, der Welt der Menschen. Sein Markenzeichen ist Mjölnir, der legendäre Hammer, mit dem er die Feinde der Götter – vor allem die Jötnar, die Eis- und Feuerriesen – bekämpft. Jeder Schlag seines Hammers lässt den Himmel erzittern und bringt Blitz und Donner über die Welt.
Sein Streitwagen, gezogen von seinen beiden magischen Ziegen, rollt donnernd über den Himmel, wenn er in den Kampf zieht. Eine besondere Fähigkeit dieser Ziegen ist es, dass Thor sie nach einem langen Tag schlachten und verspeisen kann – solange ihre Knochen unversehrt bleiben, erwachen sie am nächsten Morgen wieder zum Leben.
Trotz seiner unermesslichen Kraft und seines kriegerischen Wesens ist Thor bodenständig und volksnah. Während Odin als weiser, oft undurchschaubarer Gott der Herrscher und Zauberer verehrt wird, ist Thor der Beschützer der einfachen Menschen. Er steht für Gerechtigkeit, Ordnung und Mut und wird von Bauern und Kriegern gleichermaßen verehrt. Sein Hammer, der nicht nur eine Waffe, sondern auch ein heiliges Symbol ist, wird bei Hochzeiten, Geburten und anderen Zeremonien verwendet, um Segen zu bringen und Böses abzuwehren.
Doch trotz seiner Stärke und seines Mutes ist Thor nicht unbesiegbar. In Ragnarök, der letzten Schlacht, wird er gegen die Weltschlange Jörmungandr kämpfen, seinen Erzfeind, den er bereits mehrfach besiegt hat. In einem epischen Kampf wird es ihm gelingen, das Ungeheuer zu erschlagen – doch nach nur neun Schritten wird er selbst dem tödlichen Gift der Schlange erliegen. Sein Tod markiert das Ende einer Ära, doch sein Vermächtnis als tapferer Krieger und Beschützer der Menschheit wird fortbestehen.
Loki – Der Trickster
Loki ist eine der rätselhaftesten und widersprüchlichsten Gestalten der nordischen Mythologie. Als Sohn des Riesen Farbauti und der Riesin Laufey ist er selbst kein Asen, doch durch einen Blutschwur mit Odin wurde er in die Göttergemeinschaft aufgenommen. Seine Rolle ist ebenso vielschichtig wie unberechenbar: Mal ist er ein hilfreicher Verbündeter der Götter, mal ihr schlimmster Feind.
Als Meister der Täuschung und Gestaltwandlung ist Loki berüchtigt für seine Streiche und Intrigen. Er spielt eine zentrale Rolle bei vielen mythologischen Ereignissen, oft als Urheber von Problemen – aber auch als ihr unfreiwilliger Lösungsbringer. So war es Loki, der die Götter in Schwierigkeiten brachte, aber auch dafür sorgte, dass sie einige ihrer wertvollsten Schätze erhielten. Als er beispielsweise Thors Hammer Mjölnir und Odins Speer Gungnir durch seine List bei den Zwergen in Auftrag gab, tat er dies zwar aus Eigennutz, doch letztendlich stärkten diese Artefakte die Macht der Asen.
Doch Lokis dunkle Seite wird immer offensichtlicher. Sein Spott und seine Bosheit treiben ihn immer weiter in die Feindschaft mit den Göttern, bis er schließlich das schlimmste aller Verbrechen begeht: Er täuscht den blinden Gott Hödur und bringt ihn dazu, Baldur, den geliebtesten der Asen, mit einem Mistelzweig zu töten. Nach dieser Tat wird Loki gefangen genommen und grausam bestraft. Die Götter fesseln ihn mit den Eingeweiden seines eigenen Sohnes, und eine giftige Schlange tropft unaufhörlich ihr tödliches Gift auf sein Gesicht. Nur seine treue Frau Sigyn, die das Gift mit einer Schale auffängt, mildert sein Leiden – doch wenn sie die Schale leert, erreicht das Gift Lokis Haut, und sein Krampf verursacht Erdbeben.
Sein Schicksal ist jedoch nicht besiegelt. In Ragnarök wird er sich von seinen Fesseln befreien und als Anführer der feindlichen Mächte gegen die Götter ziehen. Er kämpft gegen Heimdall, den Wächter der Götter, und beide bringen sich gegenseitig zu Fall. Doch auch nach seinem Tod bleibt Loki eine faszinierende Gestalt: weder ganz gut noch ganz böse, sondern der Inbegriff des unberechenbaren Chaos, das sowohl erschafft als auch zerstört.
Freyja – Die Göttin der Liebe und Magie
Freyja ist eine der mächtigsten und faszinierendsten Göttinnen der nordischen Mythologie. Als Tochter des Meeresgottes Njörd gehört sie zum Geschlecht der Wanen, doch nach dem Krieg zwischen Asen und Wanen wurde sie gemeinsam mit ihrem Vater und ihrem Bruder Freyr nach Asgard gebracht. Dort wurde sie zur angesehensten aller Göttinnen und spielte eine zentrale Rolle in der Welt der Menschen und Götter.
Als Göttin der Liebe, Fruchtbarkeit und Sinnlichkeit wird Freyja oft mit Schönheit und Verführungskraft assoziiert. Sie hat viele Liebhaber und ist die Schutzpatronin von Liebenden, doch ihre Verehrung reicht weit über romantische Aspekte hinaus. Sie ist auch eine Göttin des Reichtums und der Fülle, und ihr Name ist mit Gold verbunden – eine alte Bezeichnung für Gold lautete sogar „Freyjas Tränen“.
Doch Freyja ist nicht nur eine Göttin der Liebe, sondern auch eine mächtige Kriegerin und Herrin über das Reich Folkvangr. Während Odin die Hälfte der in der Schlacht gefallenen Krieger nach Valhalla ruft, nimmt Freyja die andere Hälfte in ihre Halle Sessrúmnir auf. Dies zeigt ihre enge Verbindung zum Tod und ihre Rolle als Anführerin von Walküren, die auf den Schlachtfeldern die mutigsten Krieger zu sich rufen.
Ihre magischen Fähigkeiten machen sie zur mächtigsten Zauberin der Götterwelt. Sie beherrscht den Seiðr, eine Form der Zauberei, die Schicksal, Visionen und Einfluss auf die Zukunft ermöglicht. Tatsächlich soll Odin selbst die Kunst des Seiðr von Freyja erlernt haben, was zeigt, dass sie sogar über den Göttervater in diesem Bereich steht.
Freyja besitzt einige wertvolle Artefakte, die ihre Macht symbolisieren. Ihr berühmtestes Schmuckstück ist das Brísingamen, ein prächtiges Halsband, das sie mit Hilfe von Magie und List erwarb. Ihr Wagen wird von zwei riesigen Katzen gezogen, und sie besitzt einen Falkenmantel, der es ihr ermöglicht, in die Lüfte zu steigen und sich in einen Falken zu verwandeln.
Freyr – Der Gott der Fruchtbarkeit und des Friedens
Freyr, einer der bedeutendsten Götter der nordischen Mythologie, verkörpert Wohlstand, Fruchtbarkeit und Frieden. Als Sohn des Meeresgottes Njörd und Bruder der mächtigen Freyja gehört er zu den Wanen, wurde aber nach dem großen Krieg zwischen den Göttergeschlechtern als Zeichen des Friedens nach Asgard geschickt. Dort nahm er eine herausragende Stellung ein und wurde vor allem von Bauern und Seefahrern verehrt, da er für Fruchtbarkeit, Wachstum und eine reiche Ernte sorgte.
Als Herrscher von Alfheim, der Heimat der Lichtalben, steht Freyr in enger Verbindung mit diesen mystischen Wesen. Ihnen wurde nachgesagt, dass sie Schönheit, Kunst und Lebensenergie verkörpern, und Freyrs Rolle als ihr Anführer zeigt seine enge Bindung zu allem, was gedeiht und blüht. Seine Macht über die Natur ist unübertroffen – er kontrolliert Sonne und Regen, lässt das Land ergrünen und bringt Wohlstand über die Menschen.
Freyr besitzt einige außergewöhnliche magische Artefakte. Sein golden schimmernder Eber Gullinborsti, den die Zwergenbrüder Brokk und Sindri für ihn schmiedeten, kann schneller als jedes Pferd durch Luft und Wasser reisen und leuchtet in der Dunkelheit. Ein weiteres Symbol seiner Macht ist sein gewaltiges Schiff Skidbladnir, das stets günstige Winde hat, sich jedoch so klein zusammenfalten lässt, dass es in eine Tasche passt.
Heimdall – Der Wächter von Asgard
Heimdall, der strahlende Wächter der Götterwelt, ist eine der geheimnisvollsten und faszinierendsten Figuren der nordischen Mythologie. Von seiner Festung Himinbjörg aus bewacht er die Bifröst, die brennende Regenbogenbrücke, die Asgard mit Midgard verbindet. Niemand kann unbemerkt an ihm vorbeikommen, denn seine Sinne sind übermenschlich scharf – er kann das Gras wachsen hören, den Flug eines Vogels aus Kilometern Entfernung wahrnehmen und sieht weiter als jeder andere. Zudem benötigt er kaum Schlaf, sodass er seine Wacht fast ununterbrochen halten kann.
Heimdall wird oft als der „hellste der Asen“ bezeichnet, was sowohl seine Weisheit als auch sein strahlendes, fast übernatürliches Erscheinungsbild beschreibt. In manchen Sagen heißt es, dass er aus den Wellen des Meeres geboren wurde und neun Mütter hatte – Neun Riesinnen, die ihn gemeinsam aufgezogen haben. Dies verleiht ihm eine besondere Verbindung zum Meer und zur Schöpfung selbst.
Ein weiteres herausragendes Merkmal ist sein gewaltiges Horn, das Gjallarhorn. Dieses magische Horn wird in Ragnarök eine entscheidende Rolle spielen, denn Heimdall wird es blasen, um die Götter vor dem letzten Kampf zu warnen. Sein Klang wird durch alle neun Welten hallen und das Ende der Zeiten ankündigen.
Tyr – Der Gott des Mutes und der Ehre
Tyr ist einer der ältesten und edelsten Götter der nordischen Mythologie. Als Gott des Krieges, der Gerechtigkeit und des Rechts steht er für Mut, Entschlossenheit und Opferbereitschaft. Anders als Thor, der rohe Kraft verkörpert, oder Odin, der List und Magie nutzt, symbolisiert Tyr die Tugenden des ehrenhaften Kriegers – den, der mit Mut und Disziplin für das kämpft, was richtig ist.
Sein berühmtester Mythos erzählt von seinem größten Opfer: die Fesselung des Fenriswolfs. Als die Götter den gewaltigen Wolf Fenrir nicht länger frei herumlaufen lassen wollten, versuchten sie, ihn mit magischen Ketten zu binden. Doch Fenrir misstraute ihnen und verlangte als Beweis für ihre Ehrlichkeit, dass einer der Götter eine Hand in sein Maul legte, während er gefesselt wurde. Nur Tyr hatte den Mut, sich dieser Prüfung zu stellen. Als die magische Fessel Gleipnir sich unlösbar um den Wolf schloss, biss Fenrir Tyrs Hand ab – doch durch dieses Opfer war die Bedrohung gebannt.
Dieser Akt machte Tyr nicht nur zum Gott des Krieges, sondern auch zum Gott des Opfers und der Ehre. Er zeigt, dass wahrer Mut bedeutet, für das Wohl der Gemeinschaft zu leiden, wenn es notwendig ist. Aus diesem Grund wurde Tyr in der Wikingerzeit besonders von Kriegern und Richtern verehrt – von denen, die sich sowohl in der Schlacht als auch in der Rechtsprechung beweisen mussten.
Doch Tyr ist auch eine tragische Figur. Während er einst als oberster Himmelsgott verehrt wurde, wurde seine Bedeutung mit der Zeit von Odin und Thor überschattet. In Ragnarök wird Tyr erneut sein Schicksal mit einem gewaltigen Gegner besiegeln: Er kämpft gegen Garm, den Höllenhund aus Helheim, und die beiden bringen sich gegenseitig um. Sein Tod steht sinnbildlich für das Ende der alten Ordnung – doch sein Geist lebt in jedem weiter, der für Gerechtigkeit und Ehre einsteht.
Baldur – Der strahlende Gott
Baldur, der Sohn Odins und Friggs, ist der Gott des Lichts, der Reinheit und der Gerechtigkeit. Er wird als der schönste und edelste aller Götter beschrieben, ein Wesen voller Güte, Weisheit und Sanftmut. Sein Glanz überstrahlt selbst die Sonne, und seine bloße Anwesenheit verbreitet Freude und Frieden. Er ist das Idealbild eines perfekten Gottes – geliebt von allen, außer von Loki.
Doch so hell sein Licht auch leuchtet, so tragisch ist sein Schicksal. Baldur beginnt, von düsteren Träumen zu berichten, die seinen eigenen Tod prophezeien. Seine Mutter Frigg, verzweifelt über diese Visionen, reist durch die neun Welten und bringt jedes Wesen und jedes Element dazu, ihrem Sohn niemals Schaden zuzufügen – Feuer, Wasser, Eisen, Stein und sogar Tiere und Pflanzen schwören, ihm nichts anzutun. Die Götter feiern diese neue Unverwundbarkeit mit einem Spiel: Sie werfen Speere, Steine und Waffen auf Baldur, doch nichts kann ihm schaden.
Loki, getrieben von Neid und Bosheit, gibt sich jedoch nicht zufrieden. Er verkleidet sich als alte Frau und entlockt Frigg ein folgenschweres Geheimnis: Die Mistel wurde von ihrem Schwur ausgenommen, da sie zu jung und harmlos erschien. Mit diesem Wissen fertigt Loki einen Pfeil aus Mistelholz an und überredet Baldurs blinden Bruder Hödur, ihn auf Baldur zu schießen. Ohne zu wissen, was er tut, trifft Hödur seinen Bruder – und Baldur stirbt.
Die Götter sind entsetzt, die Welt verdunkelt sich, und Trauer erfüllt Asgard. Baldurs Tod ist kein gewöhnlicher Verlust: Er markiert den Beginn von Ragnarök, den Untergang der alten Ordnung. Doch es gibt Hoffnung. Hel, die Herrscherin der Unterwelt, will Baldur nur freigeben, wenn alle Wesen um ihn weinen. Fast alle tun es – doch Loki, in Gestalt einer alten Riesin, weigert sich. So bleibt Baldur in Helheim gefangen.
Kapitel 10: Ragnarök – Das Schicksal der Götter
Die nordischen Götter sind nicht unsterblich, und ihr Schicksal ist durch Ragnarök besiegelt. In der letzten großen Schlacht werden Odin, Thor, Loki und viele andere sterben. Doch aus der Zerstörung entsteht eine neue Welt, in der Baldur und die überlebenden Götter eine neue Ordnung erschaffen.
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