Die 9 Welten in der nordischen Mythologie – Von Asgard bis Helheim einfach erklärt (Mit Video)
- Michael Praher
- 5. Apr.
- 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Juli

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung: Der Kosmos der alten Götter
Stell dir einen Baum vor – uralt, riesig, seine Äste durchdringen Himmel und Erde, seine Wurzeln reichen bis in die tiefsten Schattenreiche. In der nordischen Mythologie ist dieser Baum Yggdrasil, die Weltenesche. Er trägt das gesamte Gefüge der Schöpfung, die neun Welten, in denen Götter, Menschen, Riesen, Elfen und andere Wesen leben. Doch diese Welten sind mehr als nur Orte – sie sind Spiegel nordischer Vorstellungen von Leben, Tod, Ordnung und Chaos.
Begib dich mit uns auf eine Reise durch diesen mystischen Kosmos: von Asgard, dem Reich der Götter, über Midgard, die Heimat der Menschen, bis hinab nach Helheim, wo die Toten ruhen. Entdecke ihre Bewohner, ihre Bedeutung und was sie über das Denken, Fühlen und Glauben der alten Nordleute verraten.
Yggdrasil – Die Weltenesche als kosmische Achse
Yggdrasil ist mehr als nur ein Baum – er ist das zentrale Symbol der nordischen Kosmologie. Als „Weltenesche“ verbindet er alle neun Welten miteinander: mit seinen Ästen ragt er in den Himmel, seine Wurzeln reichen tief hinab in die dunklen Reiche der Unterwelt. An seinem Stamm treffen sich die Ebenen des Seins – Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.
Der Name Yggdrasil lässt sich deuten als „Pferd des Schrecklichen“ (Yggr = einer von Odins Namen, drasill = Pferd), was auf das mythische Opfer Odins verweist: Neun Nächte hing er verwundet an diesem Baum, um die Runen zu erlangen – Wissen und Macht durch Leiden.
An den Wurzeln Yggdrasils entspringen drei Quellen: der Urdbrunnen (Quelle des Schicksals), der Mímisbrunnr (Quelle der Weisheit) und der Hvergelmir (Quelle vieler Flüsse und Ursprungsort des Lebens). Diese heiligen Wasser symbolisieren Erinnerung, Weisheit und Ursprung – zentrale Konzepte im nordischen Weltbild.
Der Baum selbst ist bedroht von verschiedenen Wesen: der Drache Níðhöggr nagt an den Wurzeln, Hirsche fressen an den Blättern, ein Adler wacht über die Krone. Diese Spannungen spiegeln den ständigen Kampf zwischen Aufbau und Verfall, Ordnung und Chaos.
Yggdrasil ist somit keine statische Weltachse, sondern ein lebendiger Organismus – ein Sinnbild für die Verbundenheit und Vergänglichkeit allen Seins.
Asgard – Die leuchtende Burg der Götter
(altnordisch: Ásgarðr)
Hoch oben in den Höhen des Kosmos erhebt sich Asgard, das Reich der Asen, der höchsten Götter der nordischen Welt. Umgeben von gewaltigen Mauern, erschaffen von einem namenlosen Riesen, thront Asgard auf einer himmlischen Ebene – majestätisch, unerreichbar, strahlend.
Der Zugang zur Götterwelt führt über Bifröst, die Regenbogenbrücke, die von Heimdall bewacht wird. Heimdall sieht und hört alles – selbst das Gras wachsen. Kein Eindringling kann unbemerkt Asgard betreten.
Im Zentrum Asgards sitzt Odin, der Göttervater, auf seinem Hochsitz Hlidskjalf. Von hier aus blickt er in alle neun Welten, lauscht den Flüsterungen der Nornen, sendet seine Raben Hugin und Munin aus und wacht über das Schicksal der Götter und Menschen.
Asgard beherbergt viele bedeutende Hallen:
Valhalla: Odins Halle, in der die gefallenen Helden, die Einherjer, für Ragnarök trainieren.
Sessrumnir: Freyjas prachtvolle Halle, in der sie ebenfalls gefallene Krieger aufnimmt.
Bilskirnir: Thors riesiger Palast in Thrudheim, bestehend aus 540 Räumen – ein Symbol göttlicher Kraft.
Trotz aller Pracht ist Asgard nicht ewig. Auch dieses Reich ist dem Schicksal unterworfen – selbst die Götter sind sterblich in der nordischen Weltsicht.
Midgard – Die Welt der Menschen
(altnordisch: Miðgarðr)
Midgard bedeutet wörtlich „Mitte-Gehege“ – und liegt entsprechend im Zentrum der neun Welten. Es ist die Welt der Sterblichen, erschaffen von den Göttern aus dem Körper des Urriesen Ymir:
Fleisch → Erde
Blut → Ozeane
Knochen → Berge
Schädel → Himmel
Gehirn → Wolken
Midgard wird vom gewaltigen Ozean umschlossen, in dem die Midgardschlange Jörmungandr liegt – ein gigantisches Wesen, das sich selbst in den Schwanz beißt und so die Welt umspannt.
Die Regenbogenbrücke Bifröst verbindet Midgard mit Asgard, doch nur die Götter und Auserwählten dürfen sie beschreiten. Heimdall bewacht den Übergang streng.
Die Götter beschützen Midgard – insbesondere:
Thor, mit Mjölnir gegen Riesen
Odin, als Kriegsherr und Wissensbringer
Tyr, als Gott des Rechts und des Opfers
Doch trotz göttlicher Hilfe bleibt das Leben in Midgard kurz und von Prüfungen geprägt. Wer im Kampf stirbt, kann Einlass nach Valhalla oder Sessrumnir finden. Alle anderen erwartet Helheim.
Jötunheim – Das Reich der Riesen
(altnordisch: Jötunheimr)
Im Osten Midgards liegt Jötunheim, das Reich der Jötnar – der Urgewalten in der Gestalt von Riesen. Sie sind chaotisch, kraftvoll und uralt – Gegenspieler der Götter, aber auch ihre Vorfahren und manchmal ihre Geliebten.
Jötunheim ist wild und ungezähmt: schroffe Gebirge, endlose Winter, dunkle Wälder. Einige der berühmtesten Bewohner:
Thrym, der einst Thors Hammer stahl
Utgard-Loki, ein mächtiger Illusionist und Herrscher von Utgard
Skadi, Göttin des Winters und Jägerin
Obwohl oft als Feinde dargestellt, sind die Jötnar elementare Kräfte – nicht rein böse, sondern ein notwendiges Gegengewicht. In Ragnarök jedoch kämpfen viele von ihnen gegen die Asen – allen voran Fenrir, Jörmungandr und Surtr.
Vanaheim – Das grüne Land der Fruchtbarkeit und Magie
(altnordisch: Vanaheimr)
Während Asgard die Heimat der kriegerischen Asen ist, liegt Vanaheim im Westen des Kosmos – das friedvollere, naturverbundene Reich der Vanen. Diese Götter stehen für Fruchtbarkeit, Wohlstand, Seefahrt und Magie (insbesondere Seiðr, eine Form schamanistischer Zauberkunst).
Zu den bedeutendsten Vanen gehören:
Njörd, Gott der See und des Reichtums
Freyja, Göttin der Liebe, Magie und Schlacht
Freyr, Herr des Wachstums, des Lichts und der Ernte
Einst führten Asen und Vanen einen erbitterten Götterkrieg gegeneinander – doch am Ende wurde Frieden geschlossen, ein Austausch von Göttern vollzogen, und einige Vanen (wie Freyr und Freyja) zogen nach Asgard.
Vanaheim selbst wird selten im Detail beschrieben, doch es gilt als ein Land der Naturkräfte: fruchtbare Felder, dichte Wälder, ruhige Flüsse – ein Ort, an dem Leben gedeiht. Es symbolisiert den Kreislauf von Wachsen, Ernten und Neubeginn.
Alfheim – Das strahlende Reich der Lichtalben
(altnordisch: Álfheimr)
Alfheim liegt im Osten der Weltenesche Yggdrasil und ist die Heimat der Lichtalben (altnordisch: Ljósálfar) – lichtdurchflutete, ätherische Wesen von unbeschreiblicher Schönheit. Ihr Reich ist durchzogen von leuchtenden Wäldern, glitzernden Flüssen und goldenen Hallen, in denen ewige Dämmerung herrscht.
Die Lichtalben sind:
Schützer der Natur
Meister der Heilkunst
Verborgene Beobachter der Menschenwelt
Man sagt, sie könnten mit Licht verschmelzen, sich für das menschliche Auge unsichtbar machen und mit Musik den Wind lenken. Sie gelten als freundlich, aber zurückhaltend, und reagieren empfindlich auf Respektlosigkeit.
Freyr, der Fruchtbarkeitsgott, wurde von den Asen als Herrscher über Alfheim eingesetzt – ein Zeichen der Verbindung zwischen den Vanen und den Lichtalben.
Alfheim ist nicht zu verwechseln mit dem düsteren Gegenreich:
Svartalfheim – Die dunkle Heimat der Zwerge
(altnordisch: Svartálfaheimr oder Niðavellir)
Unterhalb der Erdoberfläche, tief in den Schatten Yggdrasils, liegt Svartalfheim – das finstere Reich der Schwarzalben, meist gleichgesetzt mit den Zwergen (Dvergar).
Diese Wesen sind nicht nur kleinwüchsig und lichtscheu, sondern vor allem:
Unvergleichliche Schmiede
Bewahrer von Runenwissen
Erschaffer göttlicher Artefakte
Ihre Werkstätten hallen vom Klang der Hämmer, ihr Reich ist von glühenden Schmiedefeuern und labyrinthischen Gängen durchzogen.
Zu ihren größten Meisterwerken zählen:
Mjölnir, Thors Hammer
Gungnir, Odins Speer
Draupnir, der sich vermehrende Ring
Skidbladnir, das zusammenfaltbare Schiff
Doch die Zwerge sind auch listig und stolz. Wer mit ihnen Geschäfte macht, sollte auf der Hut sein – denn manche ihrer Werke sind verflucht, und sie hassen es, betrogen zu werden.
Sonnenlicht ist ihr größter Feind: In vielen Sagen heißt es, sie versteinern, wenn es sie trifft.
Niflheim – Die uralte Welt des Eises und Nebels
(altnordisch: Niflheimr)
Niflheim gehört zu den beiden Urwelten, die schon vor der Schöpfung existierten. Es ist ein Reich aus:
ewigem Frost
beißenden Nebeln
totenstillen Gletschern
Hier entspringt der Urbrunnen Hvergelmir, aus dem die ersten Flüsse der Welt fließen. In der kosmischen Frühzeit stießen die kalten Nebel Niflheims mit der Hitze Muspelheims zusammen – und so entstand Ymir, der Urriese.
Niflheim ist der Ursprung wie auch das Ende. Es ist ein Ort des Stillstands, der Leere und Kälte, wo kaum etwas lebt – außer einem, der an der Wurzel des Weltenbaums nagt: Níðhöggr, der Leichendrache.
Helheim – Das Reich der Toten
(altnordisch: Helheimr oder Hel)
An Niflheim angrenzend – oder tief unter dessen Schatten – liegt Helheim, das düstere Totenreich. Hierhin gelangen alle, die nicht ehrenvoll im Kampf sterben: Alte, Kranke, Unglückliche. Ihre Seelen wandern durch dunkle Nebel und schweigen in ewiger Kälte.
Helheim wird beherrscht von Hel, der Tochter Lokis. Halb lebendig, halb verwest, ist sie Regentin über die Schatten, und ihr Reich ist ebenso ambivalent wie sie selbst – nicht grausam, aber auch nicht tröstlich.
In Helheim liegt auch:
Gjöll, der Totenfluss
Gjallarbrú, die Brücke, bewacht von Módgudr
Náströnd, die Halle der Eidbrecher und Mörder, aus Schlangenkörpern erbaut
Hier werden Seelen nicht notwendigerweise bestraft – es sei denn, sie haben sich besonders versündigt. Doch sie dürfen niemals zurückkehren.
Muspelheim – Das Reich des Feuers und der Urzerstörung
(altnordisch: Múspellsheimr)
Am entgegengesetzten Pol von Niflheim liegt Muspelheim, das flammende Reich der Feuerriesen. Es ist eine Welt reiner, brennender Energie – aus brodelnder Lava, lodernen Himmelsspalten und glühenden Schluchten. Hier herrschen keine Jahreszeiten, kein Tag und keine Nacht – nur ewiges Feuer.
Die Flammen Muspelheims werden verkörpert durch Surtr, den ältesten und mächtigsten Feuerriesen. Mit seinem riesigen, brennenden Schwert, das heller als jede Sonne leuchtet, steht er an der Grenze dieser Welt, wartend. Es heißt, dass Surtr am Tag von Ragnarök in die Welt der Götter marschieren und sie in einem Feuersturm vernichten wird.
Muspelheim spielt auch in der Schöpfungsgeschichte eine zentrale Rolle: Als die Hitze Muspelheims auf das Eis Niflheims traf, entstand der Urriese Ymir. Daraus formten die Götter später die Welt. Somit symbolisiert Muspelheim nicht nur Zerstörung – sondern auch den Funken des Ursprungs, die schöpferische Kraft des Feuers.
Die Verbindungen zwischen den Welten
Der Kosmos der nordischen Mythologie ist kein statisches Gefüge – die neun Welten sind durchzogen von Pfaden, Brücken und mythischen Übergängen. Im Zentrum steht Yggdrasil, die Weltenesche, deren Äste und Wurzeln alle Reiche miteinander verbinden. Doch wie genau reisen die Götter, Riesen und Menschen zwischen diesen Welten?
Bifröst – Die flammende Regenbogenbrücke
Die wohl bekannteste Verbindung ist Bifröst, die Regenbogenbrücke, die Midgard mit Asgard verbindet. Die Götter benutzen sie, um zur Thing-Versammlung zu gelangen, doch sie ist nicht für jeden zugänglich. Heimdall, der Wächter, beschützt diese Brücke – und am Ende der Welt, beim Ragnarök, wird sie unter dem Gewicht der heranrückenden Riesen zerbrechen.
Reisen zwischen den Welten
Nicht nur die Götter reisen zwischen den Welten – auch Helden, Seherinnen und sogar Tote überschreiten manchmal diese Grenzen. Odin selbst ritt auf seinem achtbeinigen Ross Sleipnir durch alle Reiche, sogar hinab nach Hel. Seherinnen wie die Völva bewegten sich in Trance durch die kosmischen Ebenen und schöpften so Wissen aus allen Welten.
Die Rolle der Weltordnung
Die neun Welten sind nicht willkürlich angeordnet. Viele Quellen deuten auf eine vertikale Ordnung hin: Oben Asgard, in der Mitte Midgard, unten Helheim und Niflheim. Doch es gibt auch horizontale Modelle, mit Yggdrasil als Zentrum. Diese Struktur bildet ein spirituelles Weltbild ab, in dem alles verbunden ist: Licht und Dunkel, Leben und Tod, Ordnung und Chaos.
Ragnarök – Der Moment, in dem alle Welten beben
Am Tag des Ragnarök geraten die Grenzen zwischen den Welten ins Wanken. Die Riesen aus Jötunheim, die Toten aus Hel, die Götter aus Asgard und die Menschen aus Midgard – sie alle greifen in das letzte Gefecht ein. Die kosmische Ordnung wird zerschlagen, und aus der Asche soll eine neue Welt entstehen.
Fazit: Ein Weltbild voller Tiefe und Magie
Die neun Welten der nordischen Mythologie sind weit mehr als nur mythische Orte – sie bilden ein faszinierendes Spiegelbild der Weltanschauung der alten Nordmänner. Jede Welt verkörpert eine eigene Facette des Seins: von göttlicher Macht bis zu irdischer Sterblichkeit, von strahlendem Licht bis zu dunklem Chaos. Ihre Ordnung entlang der Weltenesche Yggdrasil zeugt von einem tiefen Verständnis für kosmische Zusammenhänge, für Balance, Wandel und Wiedergeburt.
Für die Wikinger war diese Weltensicht nicht bloße Fantasie – sie war ein geistiges Gerüst, das ihre Rituale, ihren Glauben und sogar ihr Verhalten im Leben prägte. Dass dieses Modell bis heute Menschen fasziniert, liegt an seiner Symbolkraft, seiner Tiefe und seiner Offenheit für Interpretation. Ob in moderner Fantasy, Spielen oder spirituellen Strömungen: Die 9 Welten leben weiter – als Erzählung, als Mysterium, als Einladung zum Staunen.
FAQ – Häufige Fragen zu den 9 Welten
Wie sind die neun Welten angeordnet?
Sie sind nicht exakt wie Planeten im Raum verteilt. Vielmehr bilden sie eine Art vertikales Universum, wobei Asgard oben, Midgard in der Mitte und Helheim unten liegt – alle miteinander verbunden durch Yggdrasil.
Gibt es Verbindungen zwischen den Welten?
Ja. Neben Yggdrasil verbinden auch Brücken, Pfade und Portale (z. B. Bifröst) die Welten miteinander – besonders im spirituellen oder rituellen Sinne.
Was ist der Unterschied zwischen Alben und Zwergen?
Lichtalben (Alfheim) gelten als lichte, fast engelhafte Wesen, während Schwarzalben (Svartalfheim) häufig mit Zwergen gleichgesetzt werden – dunkle, unterirdische Schmiedegeister.
Welche Welt ist die älteste?
Die beiden Urwelten Niflheim und Muspelheim existierten schon vor der Schöpfung aller anderen Reiche. Ihr Zusammenprall führte zur Entstehung des Kosmos.
Gibt es heute noch Spuren dieser Welten im Volksglauben?
Ja. Vorstellungen von Elfen, Zwergen, Naturgeistern, Unterwelten und Götterhimmeln sind in skandinavischen Märchen, Sagen und sogar Festen weiterhin präsent.
Wenn dich die Reise durch die neun Welten fasziniert hat, dann tauche noch tiefer ein in die nordische Mythologie! Passend zu diesem Artikel findest du auf meinem Blog weitere spannende Beiträge:
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