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Runen lesen lernen – Einführung in die ältesten Alphabete des Nordens

  • Autorenbild: Michael Praher
    Michael Praher
  • 28. Juni
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Juli

Historische Darstellung des Runenlesens mit alten Schriftrollen, Runentafeln und einer schreibenden Hand – Einführung in die Runenalphabet-Systeme der Wikingerzeit

Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

Runen – geheimnisvolle Zeichen aus einer längst vergangenen Zeit. Sie zieren Schmuck, Grabsteine und Amulette und faszinieren noch heute durch ihre mystische Ausstrahlung. Doch wusstest du, dass Runen ursprünglich nicht für Magie, sondern für ganz praktische Zwecke erfunden wurden? In diesem Beitrag erfährst du, wie du Runen lesen lernen kannst, woher sie stammen, wie sie sich entwickelt haben – und welche Bedeutung sie für die Wikinger und moderne spirituelle Praktiken haben.


Tauche mit uns ein in die Welt der ältesten Alphabete des Nordens und entdecke, was sich hinter Futhark, Fehu und Algiz wirklich verbirgt.

Ursprung und Geschichte der Runenschrift

Von der Bronzezeit zum Futhark

Obwohl die Runenschrift offiziell erst in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten auftaucht, reicht ihr ideeller Ursprung womöglich bis in die europäische Bronzezeit zurück. Schon in Felsritzungen Skandinaviens aus dieser Epoche finden sich lineare Zeichen, die eine gewisse Ähnlichkeit mit späteren Runen aufweisen – auch wenn sie noch keine Schrift im engeren Sinne darstellen.


Die eigentliche Runenschrift entstand vermutlich im 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr., beeinflusst durch den zunehmenden Kontakt zwischen germanischen Stämmen und der römischen Welt. Forscher vermuten, dass römische oder etruskische Buchstabensysteme – insbesondere das lateinische Alphabet – als Vorbild dienten, jedoch in Form und Klangwert stark angepasst wurden, um sich den germanischen Lauten anzupassen. Die Runenschrift war also eine kreative Eigenentwicklung, die zwar von außen inspiriert, aber klar in den germanischen Kulturen verankert war.


Verwendet wurde diese Schrift nicht nur in Skandinavien, sondern auch in Teilen Norddeutschlands, auf den britischen Inseln und entlang der Handelsrouten, die sich bis ins Baltikum und nach Osteuropa zogen.


Ein früher bedeutender Fund ist der Meldorf-Fund (ca. 50 n. Chr.), eine Inschrift auf einer Fibel aus Schleswig-Holstein. Die Lesung ist allerdings umstritten, da die Zeichen auch als römisch gedeutet werden können. Der erste zweifelsfrei entzifferte und als runisch erkannte Stein ist der Tunestenen aus Norwegen, datiert auf das 5. Jahrhundert. Seine Inschrift erwähnt einen Verstorbenen und bezeugt damit bereits früh die Verwendung von Runen in memorialen und rituellen Kontexten.


ᚠ Der ältere Futhark – Die erste Runenreihe

Der sogenannte ältere Futhark ist der früheste bekannte Runensatz und bestand aus 24 Zeichen. Die Bezeichnung leitet sich von den ersten sechs Runen ab: ᚠ (Fehu), ᚢ (Uruz), ᚦ (Thurisaz), ᚨ (Ansuz), ᚱ (Raidho), ᚲ (Kaunan). Diese Runenreihe war zwischen dem 2. und 8. Jahrhundert im gesamten germanischen Raum verbreitet – von Skandinavien bis Süddeutschland.


Charakteristisch für den älteren Futhark ist, dass er sehr systematisch aufgebaut ist – möglicherweise sogar als bewusst gestaltetes Schriftsystem mit spiritueller Ordnung. Jede Rune hatte nicht nur einen Lautwert, sondern auch einen Namen mit symbolischer Bedeutung. Diese Mehrschichtigkeit – Lautzeichen, Wortbedeutung und symbolischer Gehalt – macht die Runen einzigartig.


Funde mit älterem Futhark sind häufig gravierte Objekte: Waffen, Schmuckstücke, Werkzeuge oder Gebrauchsgegenstände. Die Inschriften waren oft sehr kurz, manchmal nur Namen oder einzelne Wörter – was darauf hindeutet, dass Lesen und Schreiben keine breite Fertigkeit, sondern spezialisiertes Wissen war.


Übergang und Vereinfachung: Der jüngere Futhark

Ab dem späten 8. Jahrhundert kam es in Skandinavien zu einem bemerkenswerten Wandel: Der ältere Futhark wurde durch eine neue Variante ersetzt – den jüngeren Futhark, der nur noch 16 Zeichen umfasste.


Dieser Wechsel ist zunächst verwirrend, da das gesprochene Altnordisch zu dieser Zeit eigentlich komplexer wurde – mit mehr Lauten. Die Reduktion der Runenzahl bedeutete also nicht Vereinfachung, sondern im Gegenteil: Mehrdeutigkeit. Viele Zeichen mussten nun mehrere Laute repräsentieren, was das Lesen kontextabhängig machte.

Man unterscheidet beim jüngeren Futhark zwischen:


  • Langzweigrunen (Dänemark)

  • Kurzzweigrunen (Schweden, Norwegen)

  • Stäbchen-Runen (rune-staves, Alltagsschrift z. B. in Bergen auf Holzstäben)


Diese Varianten zeigen, dass die Runenschrift sich den lokalen Gegebenheiten anpasste – je nach Region, Material und Zweck.


Weitere Varianten: Der angelsächsische Futhorc und andere Entwicklungen

Im heutigen England entwickelte sich im Zuge der angelsächsischen Migration aus dem älteren Futhark ein erweiterter Runensatz: der angelsächsische Futhorc, der bis zu 33 Zeichen umfasste. Er konnte so die feinen Lautunterschiede im Altenglischen besser abbilden.


Später, im Hochmittelalter, wurde das Runenschreiben durch das lateinische Alphabet weitgehend verdrängt – doch in Teilen Skandinaviens hielten sich Runen noch erstaunlich lange: In Schweden wurde die Runenschrift in volkstümlichen Kontexten teilweise bis ins 19. Jahrhundert verwendet (sog. „Dalrunen“ in Dalarna).

Ein mystisches Banner mit Runen in düsterer Umgebung

Symbolik und Mehrdeutigkeit der Runen

Runen waren nicht nur Buchstaben – jede Rune hatte auch eine Bedeutung als Wort oder Konzept. So steht „ᚠ Fehu“ für Vieh, Reichtum, „ᛉ Algiz“ für Schutz und „ᛟ Othala“ für Heimat, Erbe. Daraus entwickelte sich später ihre Verwendung in magischen und rituellen Zusammenhängen.


Runen als Träger von Macht

Die Eddadichtung beschreibt, wie Odin selbst die Runen entdeckte – durch ein Selbstopfer, bei dem er neun Nächte am Weltenbaum Yggdrasil hing, durchbohrt vom eigenen Speer. Diese Erzählung verleiht den Runen eine göttliche Herkunft und unterstreicht ihre symbolische Kraft.


Magische Nutzung

In Runengedichten und Sagatexten wird erwähnt, dass Runen eingesetzt wurden für:

  • Heilung

  • Schutzzauber

  • Liebesmagie

  • Orakel

  • Verfluchungen


Ein berühmtes Beispiel: Der Eggja-Stein aus Norwegen zeigt eine Inschrift, die sowohl als Text als auch als magisches Schutzritual interpretiert werden kann.

Runen im Alltag der Wikinger

Kommunikation und Eigentumskennzeichnung

Trotz aller Mystik waren Runen vor allem praktisch: Sie dienten zur Markierung von Besitz, zur Erinnerung an Verstorbene (Runensteine) oder zur Darstellung von Verträgen. Runen waren Alltagswerkzeuge – nicht nur sakrale Zeichen.


Auf Kämmen, Waffen, Schmuck oder Holzstücken finden sich oft kurze Runenzeilen wie „Eigentum von…“ oder „Thor helfe dir“. Man schrieb mit ihnen auf Holz, Knochen, Leder und Stein – Pergament war selten.


Runensteine – steinerne Botschaften

Die über 3.000 erhaltenen Runensteine in Skandinavien sind wahre Zeitkapseln. Sie berichten von Reisen, Familien, Göttern und Kriegen – und zeigen, wie präsent Runen im Leben der Menschen waren.

Moderne Runenarbeit: Vom Orakel zur Meditation

Runen lesen heute: Einstieg ins Orakel

Heutzutage werden Runen häufig zur Selbstreflexion und spirituellen Beratung genutzt – ähnlich dem Tarot. Dabei zieht man eine oder mehrere Runen aus einem Runenbeutel und interpretiert deren Bedeutung im Kontext einer Frage.


  • Einzellegung: Eine Rune für den Tag

  • Dreierlegung: Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft

  • Kreislegung: Komplexe Fragestellungen


Dabei ist wichtig: Die Runen geben keine exakten Antworten, sondern Impulse zum Nachdenken – ähnlich wie archetypische Symbole.


Runen als Meditationsobjekt

Viele Menschen nutzen Runen auch in der Meditation – etwa indem sie sich auf die Bedeutung einer bestimmten Rune fokussieren:


  • Algiz“ für innere Stärke und Schutz

  • Ansuz“ für Kommunikation und Weisheit

  • Berkano“ für Heilung und Neuanfang


Dabei kann die Rune visualisiert, gezeichnet oder intoniert werden – letzteres nennt man „Galdr“, das magische Singen oder Rufen von Runen.

Welche Runen solltest du als Anfänger lernen?

Ein guter Startpunkt ist der ältere Futhark mit 24 Zeichen. Viele moderne Runensets basieren darauf.


Hier ein paar besonders wichtige:

Rune

Name

Bedeutung

Fehu

Reichtum, Neubeginn

Uruz

Kraft, Vitalität

Thurisaz

Herausforderung, Schutz

Ansuz

Kommunikation, Weisheit

Raidho

Reise, Wandel

Algiz

Schutz, Verbindung

Othala

Erbe, Heimat

Erste Schritte: Wie kannst du Runen lesen lernen?


Materialien beschaffen

  • Runenset kaufen (Holz, Stein, Kristall) oder selbst herstellen

  • Bücher zur Bedeutung der einzelnen Runen lesen (z. B. Blum, Aswynn)

  • Tagebuch führen, um eigene Erfahrungen zu dokumentieren


Übung macht den Meister

  • Ziehe täglich eine Rune und reflektiere, was sie für deinen Tag bedeutet

  • Schreibe Runenworte mit deinen Lieblingszeichen

  • Lerne Runengedichte (z. B. das altnordische oder angelsächsische) zur Vertiefung


Achtsamkeit ist entscheidend

Runenarbeit ist kein „Hexentrick“, sondern ein Weg der Selbstbegegnung. Wer sich ernsthaft damit beschäftigt, wird schnell merken: Runen sind Brücken zwischen Vergangenheit, Gegenwart und innerer Welt.

Verwandte Begriffe und Systeme

  • Younger Futhark – die Runen der Wikingerzeit (16 Zeichen)

  • Angelsächsischer Futhorc – erweitert auf bis zu 33 Zeichen

  • Galdr – Runenbesprechung oder magisches Singen

  • Bindrunen – Kombinationen mehrerer Runen zu einem neuen Zeichen

  • Runenmagie – magischer Einsatz von Runen im Seiðr und anderen Praktiken

Fazit: Runen – mehr als nur alte Schriftzeichen

Runen sind faszinierende Überbleibsel aus der nordischen Welt – einst Werkzeug, heute Symbol. Wer sie lesen lernen will, braucht kein Spezialwissen – sondern Geduld, Neugier und Achtsamkeit. Ob als historische Schrift, als Spiegel der Seele oder als spirituelle Übung: Die ältesten Alphabete des Nordens haben auch in unserer Zeit noch viel zu sagen.

FAQ: Häufige Fragen zum Runenlesen

Wie viele Runen gibt es?

Je nach Runensatz zwischen 16 (jüngerer Futhark) und 33 (angelsächsischer Futhorc). Der ältere Futhark hat 24 Zeichen.

Sind Runen magisch?

Im historischen Sinne: nein – sie waren vor allem Schriftzeichen. In der spirituellen Praxis werden sie jedoch mit archetypischen Kräften assoziiert.

Kann ich Runen selbst herstellen?

Ja! Viele Menschen schnitzen ihre eigenen Runen – aus Holz, Knochen oder Stein. Achtsamkeit bei der Herstellung ist Teil des Rituals.

Wo finde ich verlässliche Bedeutungen?

Empfehlenswert sind Quellen wie die Runengedichte, altnordische Literatur (Edda) und wissenschaftlich fundierte Bücher über Runologie.

Wenn dich Runen faszinieren und du mehr über ihre Bedeutung in der nordischen Mythologie, Magie oder im Alltag erfahren möchtest, dann lies auch meinen Artikel:



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