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10 Wikinger-Mythen, die falsch sind! (Mit Video)

  • Autorenbild: Michael Praher
    Michael Praher
  • 5. Apr.
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 12. Aug.


Starker Wikinger mit Hörnerhelm vor dramatischer Landschaft – Titeltext: '10 falsche Mythen über die Wikinger' – Aufklärung über verbreitete Irrtümer zur nordischen Geschichte.

Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

Wikinger – das Wort ruft sofort Bilder von wilden, bärtigen Kriegern mit gehörnten Helmen hervor, die mit brennenden Fackeln Dörfer überfallen und ein Zeitalter des Schreckens einläuten. Doch so faszinierend diese Vorstellung auch ist, sie ist weit von der historischen Wahrheit entfernt. In diesem Artikel räumen wir mit zehn weitverbreiteten Mythen über die Nordmänner auf und zeigen dir, wie vielschichtig und überraschend ihre Kultur wirklich war. Du wirst staunen, wie viele deiner Vorstellungen auf Legenden und modernen Fehlinterpretationen beruhen.

1. Wikinger trugen gehörnte Helme – oder etwa nicht?

Der ikonische Wikinger mit gehörntem Helm ist ein Produkt der Fantasie – nicht der Archäologie. Kein einziger Fund aus der Wikingerzeit (ca. 793–1066) belegt die Verwendung solcher Helme im Kampf. Stattdessen stammen die berühmten Hörnerhelme aus dem 19. Jahrhundert, insbesondere aus Opern wie Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“, in denen Bühnenbildner und Künstler die Wikinger mit dramatischer Symbolik ausstatteten.


Tatsächlich trugen Wikinger schlichte, funktionale Helme aus Eisen mit Nasenschutz – wenn sie sich überhaupt einen leisten konnten. Helme waren teuer und in der Regel wohlhabenden Kriegern oder Anführern vorbehalten. Die meisten Kämpfer schützten sich mit Lederkappen oder trugen gar keinen Kopfschutz. Hörner im Kampf wären äußerst unpraktisch gewesen: Sie hätten leicht abreißen oder dem Gegner eine gefährliche Angriffsfläche bieten können.

2. Ungepflegte Barbaren? Ganz im Gegenteil!

Das Bild vom stinkenden, schmutzigen Wikinger entspricht eher einem mittelalterlichen Vorurteil – nicht der Realität. Archäologische Funde sprechen eine deutliche Sprache: Zahllose Kämme, Pinzetten, Ohrlöffel, Rasiermesser und sogar Nagelpflegewerkzeuge wurden in skandinavischen Gräbern gefunden. Diese Funde zeigen, dass die Wikinger großen Wert auf Körperpflege und äußeres Erscheinungsbild legten.


Im Vergleich zu ihren Zeitgenossen im christlichen Europa galten sie als geradezu exzentrisch reinlich. In England etwa beklagten sich Mönche darüber, dass Wikingerfrauen sich lieber mit gepflegten Nordmännern einließen. Viele Wikinger badeten wöchentlich – ein Luxus im Mittelalter. Männer trugen gepflegte Bärte und kunstvolle Frisuren, Frauen schmückten ihre Haare mit Perlen, Bändern oder Kämmen aus Tierknochen. Sauberkeit war nicht nur ein Teil der Eitelkeit – sie diente auch als Ausdruck von Stärke und Ehre.

3. Nicht nur Schwert, sondern auch Pflug und Handel

Zwar waren die Wikinger gefürchtete Krieger, doch ihre Identität erschöpfte sich nicht in Schlachten und Plünderungen. Der Begriff „Wikinger“ bezeichnete ursprünglich keine Volksgruppe, sondern eine Tätigkeit: „In den Wiking gehen“ bedeutete, auf eine bewaffnete Fahrt zu gehen – sei es zum Handeln oder zum Rauben.


Die Mehrheit der skandinavischen Bevölkerung war keine Kriegerkaste, sondern lebte als Bauern, Handwerker, Fischer oder Händler. Sie betrieben Ackerbau, hielten Vieh und fertigten hochwertige Waren an. Wikinger waren exzellente Schiffsbauer und Seefahrer, die weitreichende Handelsnetzwerke pflegten – von Island bis zum Kaspischen Meer. Sie gründeten Städte wie Dublin, handelten mit byzantinischem Gold, arabischem Silber und slawischen Sklaven und etablierten dauerhafte Siedlungen in vielen Teilen Europas.

4. Die Wikinger verehrten nicht nur Odin und Thor

Zwar sind Odin, der weise Göttervater, und Thor, der donnernde Himmelsgott mit dem Hammer, die bekanntesten Figuren der nordischen Mythologie – doch das religiöse Weltbild der Wikinger war weitaus komplexer. Sie glaubten an eine Vielzahl von Göttern und Göttinnen, Naturgeistern, Ahnenwesen und Schutzgeistern. Religion war für sie kein starres Dogma, sondern ein flexibler Teil des Alltags.


So spielte Freyr, der Gott der Fruchtbarkeit, eine zentrale Rolle im ländlichen Raum, während Seefahrer häufig Njörd oder Ran, die Göttin des Meeres, um sicheren Kurs baten. Frigg, Odins Gemahlin, war die Beschützerin von Ehe und Familie, und Hel, Herrscherin des gleichnamigen Totenreichs, hatte ihren festen Platz im Glaubenssystem der Wikinger.


Darüber hinaus glaubte man an Landgeister (Landvættir), Schutzgeister (Disen) und an das Wirken des Schicksals (Wyrd). Opfergaben, Rituale und Blóts (Opferfeste) wurden je nach Anlass und persönlichem Bedarf abgehalten – sei es für eine gute Ernte, Gesundheit, den Ausgang einer Schlacht oder den Schutz auf See. Der Glaube der Wikinger war also ebenso vielfältig wie pragmatisch – ein Spiegel ihres Lebens zwischen Ackerbau, Abenteuer und Krieg.r See.

5. Wikinger blieben nicht in Skandinavien

Die Vorstellung, Wikinger seien ausschließlich auf ihre Heimatländer Norwegen, Schweden und Dänemark beschränkt gewesen, ist schlicht falsch. Tatsächlich waren die Nordmänner leidenschaftliche Entdecker, Seefahrer und Siedler, die neue Länder bereisten, besiedelten – und oft auch prägten.


Im Westen gründeten sie Siedlungen in England, Irland, Schottland und auf den Orkney-, Shetland- und Färöer-Inseln. Sie eroberten große Teile Nordfrankreichs, wo die „Nordmänner“ zur Gründung der Normandie führten. Island wurde dauerhaft besiedelt, Grönland kolonialisiert und sogar Nordamerika – das sagenumwobene Vinland – wurde von Leif Eriksson um das Jahr 1000 betreten, lange vor Kolumbus.


Im Osten wiederum drangen besonders die schwedischen Wikinger, auch Waräger genannt, über die großen Flüsse bis nach Nowgorod, Kiew und weiter nach Konstantinopel vor. Dort dienten sie sogar in der Warägergarde, der Elitetruppe der byzantinischen Kaiser. Der Einfluss der Wikinger reichte damit vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer – ein Beweis für ihre außergewöhnlichen Navigationsfähigkeiten und ihre Offenheit gegenüber neuen Kulturen.

Die Raben Huginn und Muninn auf einem alten Holzschild mit nordischen Symbolen und Verzierungen.

6. Wikinger waren keine muskelbepackten Riesen

Das Bild vom zwei Meter großen, breit gebauten Hünen mit Axt in der Hand ist zwar unterhaltsam – aber historisch unzutreffend. Die durchschnittliche Körpergröße eines Wikinger-Mannes lag bei etwa 1,70 m, was dem damaligen europäischen Durchschnitt entsprach. Auch Frauen waren kleiner, aber robust gebaut.


Dennoch waren die Wikinger körperlich belastbar und in der Regel in guter physischer Verfassung. Die harte Arbeit auf Feldern, in Werkstätten oder auf See sorgte für eine natürliche Fitness. Krieger trainierten mit Waffen, übten sich in Ausdauer und Kraft – aber nicht im heutigen Sinne von Bodybuilding. Ihre Stärke lag in Zähigkeit, Technik und Teamarbeit – nicht in übermenschlicher Muskelmasse.


Auch Frauen führten ein körperlich anspruchsvolles Leben. Viele von ihnen arbeiteten auf dem Hof, verteidigten ihre Heimat oder reisten sogar mit auf Raubzügen. Die Berichte über Schildmaiden wie Lagertha oder Hervör sowie Skelette mit Kampfverletzungen, die weiblich identifiziert wurden, deuten darauf hin, dass zumindest einige Frauen aktiv an Kampfhandlungen teilnahmen. Die Wikinger waren also kein Volk der Muskelprotze, sondern der Überlebenskünstler – angepasst an ein raues, forderndes Leben.

7. Die Wikinger hatten kein einheitliches Reich

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist die Vorstellung eines geeinten „Wikingerreiches“ unter einem großen König oder Anführer. Tatsächlich war die Wikingerwelt politisch zersplittert. Die Menschen, die wir heute als Wikinger bezeichnen, gehörten verschiedenen Stämmen, Clans und lokalen Herrschaften an – mit jeweils eigenen Interessen, Traditionen und Machtstrukturen.


Es gab norwegische, dänische und schwedische Wikinger, die sich oft gegenseitig bekriegten oder konkurrierten. Ihre Anführer – Jarls oder Häuptlinge – waren lokal begrenzt mächtig und mussten sich stets die Loyalität ihrer Gefolgsleute verdienen. Zwar entstanden im Laufe der Zeit zentralere Königreiche, wie unter Harald Schönhaar (Norwegen) oder Harald Blauzahn (Dänemark), doch die Einheit war stets fragil und umkämpft.


Die politische Organisation war dezentral und basisdemokratisch geprägt: Über wichtige Entscheidungen bestimmte oft das Thing, eine Volksversammlung freier Männer. Hier wurden Konflikte geschlichtet, Gesetze beschlossen und Urteile gefällt – lange bevor es feste Monarchien gab. Ein einheitliches „Wikingerreich“ im modernen Sinn hat es also nie gegeben.

8. Wikinger schrieben sehr wohl Geschichte – nur anders

Es stimmt, dass die Wikinger keine ausgedehnte Schriftkultur wie die Römer oder Griechen besaßen. Dennoch kannten sie das Runenalphabet (Futhark) und verwendeten es für Inschriften auf Steinen, Waffen, Schmuck und Alltagsgegenständen. Diese Runen waren kurz, aber bedeutungsvoll – oft Erinnerungen an Verstorbene, Hinweise auf Reisen oder religiöse Botschaften.


Die eigentlichen Geschichten der Wikinger – ihre Sagas und Epen – wurden mündlich überliefert, meist durch Skalden, die als Dichter und Historiker fungierten. Diese Erzähltradition war stark rhythmisiert und poetisch, um das Erinnern zu erleichtern. Erst im christlichen Mittelalter, oft Jahrhunderte später, wurden diese Geschichten von Mönchen aufgeschrieben – was allerdings zu Verfälschungen führte, da die Autoren ein anderes Weltbild hatten.


Trotzdem geben uns die Runensteine, archäologischen Funde und überlieferten Sagas einen tiefen Einblick in das Denken, Fühlen und Handeln der Wikinger. Ihre Geschichte lebt nicht nur in Monumenten, sondern auch in der Sprache, der Kunst und der Mythologie weiter.

9. Wikinger tranken nicht aus Schädeln

Dieser besonders morbide Mythos hält sich hartnäckig – ist aber historisch nicht haltbar. Die Vorstellung, dass Wikinger aus den Schädeln ihrer Feinde tranken, geht auf ein Missverständnis altnordischer Texte zurück. Eine poetische Umschreibung für „Trinkhorn“ wurde fälschlich als „Schädelbecher“ übersetzt – und Hollywood griff es begierig auf.


In Wirklichkeit benutzten Wikinger Trinkhörner aus Rinderhorn, die kunstvoll verziert und oft mit Metallbeschlägen versehen waren. Solche Hörner waren Statussymbole bei Festen und Gelagen. Reiche Wikinger besaßen zusätzlich Becher aus Holz, Ton, Glas oder sogar Silber – je nach sozialem Stand.


Die Idee vom „Schädeltrinken“ stammt also eher aus dem Reich der Legenden und Theaterfantasie als aus der realen Welt der Wikinger. Sie mochten rau gewesen sein – aber sie hatten auch Stil.

10. Die Wikingerzeit endete nicht mit der Christianisierung

Viele glauben, die Wikinger seien mit der Bekehrung zum Christentum einfach verschwunden. Doch in Wirklichkeit passten sich die Nordmänner an und wurden Teil der sich wandelnden Welt Europas. Ab dem 10. Jahrhundert setzten sich christliche Einflüsse zunehmend durch – aber das bedeutete nicht das Ende der Wikingerkultur.


Viele Wikinger wurden zu Königen, Rittern, Missionaren oder Siedlern. Sie integrierten sich in europäische Reiche, gründeten Dynastien (wie die Normannen in Frankreich und England) und prägten neue Gesellschaften mit ihrer seefahrerischen und organisatorischen Erfahrung.


Gleichzeitig blieben viele kulturelle Eigenheiten erhalten: In der Sprache, den Sitten, den Ortsnamen und der Kunst leben ihre Spuren bis heute weiter. Die Christianisierung war also kein Schlussstrich, sondern ein Übergang – von einer heidnischen zu einer christlich geprägten Welt, in der nordische Einflüsse fortwirkten.

Fazit: Die Mythen der Wikinger

Die Wikinger waren mehr als nur blutrünstige Seeräuber. Sie waren Entdecker, Diplomaten, Bauern, Händler, Geschichtenerzähler und Visionäre. Ihre Welt war nicht einfach, aber reich an Kultur, Vielfalt und Dynamik. Viele der Klischees, die wir heute über sie kennen, stammen aus der Fantasie des 19. Jahrhunderts – nicht aus der historischen Realität.


Je tiefer man sich mit der echten Geschichte der Wikinger beschäftigt, desto faszinierender wird sie: Eine Kultur zwischen Mythos und Realität, die das mittelalterliche Europa nicht nur herausforderte, sondern auch nachhaltig veränderte.


Welcher dieser Wikinger-Mythen hat dich am meisten überrascht? Lass es mich in den Kommentaren wissen – oder teile den Artikel mit jemandem, der immer noch an gehörnte Helme glaubt!

FAQ – Häufige Fragen zu den Mythen über die Wikinger

Waren die Wikinger wirklich so brutal, wie man sagt?

Die Wikinger waren zweifellos furchteinflößende Krieger, aber sie waren auch Händler, Entdecker und Siedler. Ihre Brutalität wurde oft von christlichen Chronisten übertrieben dargestellt.

Trugen Wikinger wirklich nie Helme mit Hörnern?

Nein, es gibt keine archäologischen Belege dafür. Die berühmten gehörnten Helme stammen aus romantisierten Darstellungen des 19. Jahrhunderts – vor allem aus Opern und Theaterstücken.

Hatten Wikinger eine eigene Schrift?

Ja, sie benutzten das sogenannte Futhark, ein Runenalphabet. Ihre Geschichte wurde hauptsächlich mündlich überliefert, aber viele Runensteine sind bis heute erhalten.

Waren alle Skandinavier zur Wikingerzeit wirklich Wikinger?

Nein. Der Begriff „Wikinger“ bezeichnete ursprünglich eine Tätigkeit – nämlich auf Raub- oder Handelszug zu gehen. Die meisten Menschen in Skandinavien waren Bauern, Fischer oder Handwerker.

Gibt es heute noch Spuren der Wikingerzeit?

Ja – in Ortsnamen, Sprachen (z. B. im Englischen), Bräuchen, Genetik und archäologischen Funden. Auch viele skandinavische Traditionen gehen auf die Wikingerzeit zurück.


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