Das Gokstad-Schiff – Das beeindruckendste Langschiff der Wikingerzeit
- Michael Praher

- 8. Dez.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 2 Tagen

Das Gokstad-Schiff gehört zu den faszinierendsten archäologischen Funden der Wikingerära und gilt als das am besten erhaltene Langschiff Skandinaviens. Als es 1880 im südlichen Norwegen entdeckt wurde, veränderte es nachhaltig das Verständnis der nordischen Schiffbaukunst, der Bestattungsrituale und der gesellschaftlichen Strukturen im 9. Jahrhundert. Während viele archäologische Objekte der Wikingerzeit fragmentarisch überliefert sind, präsentiert sich das Gokstad-Schiff in einer Vollständigkeit, die seinesgleichen sucht. Es zeigt nicht nur, wie wendig, schnell und seetüchtig die Schiffe der Nordmänner waren, sondern auch, welch enorme Bedeutung der Schiffbau in ihrer Kultur einnahm. Zugleich erzählt das Grab, in dem das Schiff gefunden wurde, die Geschichte eines mächtigen Mannes, dessen Status weit über gewöhnliche Krieger hinausging. Dieser Artikel beleuchtet die Entdeckung, den Aufbau, die Grabbeigaben und die kulturhistorische Relevanz des Gokstad-Schiffs – und erklärt, warum es zu den symbolträchtigsten Objekten der Wikingerwelt zählt.
Die spektakuläre Entdeckung im Jahr 1880

Als der norwegische Farmer Halvor Krag im Frühjahr 1880 ungewöhnliche Erhebungen auf seinem Feld bei Sandefjord untersuchte, entdeckte er Spuren alter Holzbohlen. Bald war klar, dass unter dem Grabhügel etwas Bedeutendes verborgen lag. Die Universität Oslo wurde informiert, und eine großangelegte archäologische Ausgrabung unter Leitung von Nicolay Nicolaysen begann.
Ein Grab von königlicher Bedeutung
Der Hügel – rund 45 Meter im Durchmesser und ursprünglich über 5 Meter hoch – enthielt ein prachtvoll ausgestattetes Schiffsgrab. Darin lag ein Mann von etwa 40 Jahren, vermutlich ein Häuptling oder Kleinkönig. Sein Körper war in einer Grabkammer unter Deck beigesetzt worden, umgeben von persönlichen Gegenständen, Waffenresten und Alltagsobjekten.
Der Fundzustand
Im Gegensatz zu manchen anderen Gräbern wurde der Hügel zwar in der Wikingerzeit geplündert, doch große Teile des Schiffes und viele Grabbeigaben blieben erhalten. Der feuchte Boden hatte das Holz erstaunlich gut geschützt, sodass ein nahezu vollständiger Schiffsrumpf freigelegt werden konnte.
Konstruktion & Schiffsbau: Ein Meisterwerk nordischer Technik

Das Gokstad-Schiff gilt als das beste Beispiel für die vollendete Seetüchtigkeit der Wikinger.
Maße und Konstruktion
Länge: ca. 23,8 Meter
Breite: ca. 5,2 Meter
Material: überwiegend Eichenholz
16 Ruderpaare
tiefes, elegantes Kielprofil für Stabilität
Das Schiff wurde nach dem Prinzip des „Klinkerbaus“ gefertigt – überlappende Planken, die mit Eisen- oder Holznieten verbunden wurden. Diese Bauweise verlieh dem Schiff eine enorme Flexibilität, ideal für die rauen Bedingungen der Nordmeere.
Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit
Rekonstruktionen haben gezeigt, dass das Gokstad-Schiff über 12 Knoten erreichen konnte – eine beachtliche Geschwindigkeit für ein Holzschiff. Seine Form machte es sowohl für Hochseefahrten als auch für flache Küstengewässer geeignet.
Ein echtes Kriegsschiff
Anders als das Oseberg-Schiff, das eher repräsentativen und zeremoniellen Zwecken diente, war das Gokstad-Schiff klar ein Kampfschiff. Die Ruderplätze, die Schildleisten am Rand und der robuste Rumpf weisen es als Schiff aus, das für lange Reisen und schnelle Angriffe konstruiert wurde.
Die Grabbeigaben – Hinweise auf Rang und Leben des Verstorbenen
Obwohl der Hügel geplündert wurde, enthielt das Grab noch viele faszinierende Objekte.
Tiere als Begleiter ins Jenseits
Unter den Beigaben fanden sich die Reste von:
12 Pferden
8 Hunden
2 Falken
Diese Tiere unterstreichen den hohen Rang des Verstorbenen – Pferde und Falken waren Symbole von Adel, Macht und militärischem Prestige.
Möbel und Alltagsgegenstände
Erhalten blieben unter anderem:
drei prächtige Schlitten
ein Zeltgestell
Holztruhen
Kochgeschirr und Werkzeuge
ein Bettgestell
Diese Objekte geben tiefe Einblicke in den Alltag der Oberschicht der Wikingerzeit.
Waffen – nur in Fragmenten
Die Plünderer entwendeten vermutlich die wertvollsten Waffen. Erhalten sind jedoch:
Fragmente eines Schwertes
Teile eines Speers
ein Messer
ein schlichter Schild
Dies bestätigt, dass der Verstorbene ein Krieger war, wenn auch ein hochgestellter.

Wer war der Mann im Gokstad-Schiff?
Die Identität des Mannes ist nicht eindeutig geklärt, doch es gibt starke Hinweise darauf, dass er ein lokaler König oder Clanführer war.
Alter und Todesursache
Der Mann war etwa 40 Jahre alt und von außergewöhnlicher Statur. Untersuchungen zeigen, dass er schwere Verletzungen im Laufe seines Lebens erlitten hatte. Ob er durch Krieg, Krankheit oder Mord starb, bleibt unklar.
Mögliche Identifikation
Manche Historiker vermuten eine Verbindung zu Olaf Geirstad-Alf, einem legendären Kleinkönig aus dem späten 9. Jahrhundert. Dies bleibt jedoch spekulativ, da schriftliche Quellen keinen eindeutigen Bezug nennen.
Das Gokstad-Schiff in der modernen Forschung
Mit fortschreitenden wissenschaftlichen Methoden konnten in den letzten Jahrzehnten neue Erkenntnisse gewonnen werden.
Holzanalysen & Rekonstruktionen
Holzproben zeigen, dass das Schiff um das Jahr 890 gebaut wurde. Mehrere Rekonstruktionen – darunter das berühmte „Viking“ aus dem 19. Jahrhundert – belegten eindrucksvoll seine Seetüchtigkeit.
Bedeutung für die Schifffahrtgeschichte
Das Gokstad-Schiff ist ein entscheidendes Bindeglied zur Entwicklung späterer Langschiffe. Seine Balance aus Geschwindigkeit, Stabilität und Flexibilität setzte Maßstäbe für über zwei Jahrhunderte.
Das Gokstad-Schiff heute
Heute ist das Schiff im Wikingerschiffmuseum in Oslo ausgestellt, wo es zusammen mit dem Oseberg- und Tune-Schiff zu den Highlights gehört. Für Historiker und Besucher ist es gleichermaßen ein Fenster in eine Welt, in der Mobilität, Handwerkskunst und Prestige eng miteinander verwoben waren.
Fazit
Das Gokstad-Schiff ist nicht nur ein archäologisches Objekt – es ist ein Denkmal der Wikingerkultur. Seine außergewöhnliche Erhaltung, die meisterhafte Konstruktion und die bewegende Geschichte seines Besitzers machen es zu einem der wichtigsten Funde Nordeuropas. Es zeigt die Wikinger als hervorragende Handwerker, Seefahrer und Krieger und beweist, wie hoch entwickelt ihre maritime Kultur tatsächlich war.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum Gokstad-Schiff
Wann wurde das Gokstad-Schiff entdeckt?
Im Jahr 1880 auf einem Bauernhof nahe Sandefjord in Norwegen.
Wie groß ist das Schiff?
Es ist etwa 24 Meter lang und über 5 Meter breit.
Wer wurde in dem Schiff begraben?
Ein hochrangiger Wikinger, vermutlich ein Häuptling oder Kleinkönig aus dem 9. Jahrhundert.
Wie gut ist das Schiff erhalten?
Es gilt als das best-erhaltene Langschiff der gesamten Wikingerzeit.
Kann man das Schiff heute besichtigen?
Ja, im Wikingerschiffmuseum in Oslo.
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