Die Götter der Kelten – Mächte zwischen Natur, Krieg und Magie
- Michael Praher

- 8. Sept.
- 8 Min. Lesezeit

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Die keltische Welt war von Mythen, Sagen und Ritualen durchdrungen. Anders als die gut überlieferten Religionen der Griechen oder Germanen kennen wir die Götter der Kelten nicht aus einheitlichen Quellen, sondern aus Bruchstücken: römische Berichte, archäologische Funde, Ortsnamen, Inschriften und die irischen sowie walisischen Mythen, die erst im Mittelalter niedergeschrieben wurden. Doch diese Fragmente zeichnen ein faszinierendes Bild: eine Religion, in der Natur, Krieg, Fruchtbarkeit, Heilung und Schicksal eng mit den Göttern verwoben waren. Die keltischen Gottheiten waren vielfältig, regional unterschiedlich verehrt und spiegelten das Denken einer Gesellschaft wider, die in enger Verbindung zu Landschaft, Fluss und Himmel stand.
Quellenlage: Zwischen Römern und Mythen
Die größte Schwierigkeit beim Studium der keltischen Götterwelt liegt darin, dass die Kelten selbst ihre Mythen kaum aufschrieben. Unser Wissen stammt aus drei Hauptquellen:
Archäologische Funde: Heiligtümer, Statuen, Weiheinschriften.
Römische und griechische Autoren: etwa Caesar, der die gallischen Druiden beschrieb, oder Lucan, der von blutigen Opfern an Teutates, Taranis und Esus berichtete.
Mittelalterliche Überlieferungen: vor allem aus Irland (Mythologische Zyklen, Ulster-Zyklus) und Wales (Mabinogion).
Diese Quellen vermischen historische Realität, Interpretation durch Außenstehende und mythologische Ausschmückung. Dennoch lassen sich zentrale Gottheiten erkennen, die in ganz Europa verehrt wurden.
Die wichtigsten Götter und Göttinnen der Kelten
Lugh – der strahlende Gott
Lugh war einer der beliebtesten und vielseitigsten Götter der keltischen Welt. Sein Beiname Samildánach bedeutet „der Vielbegabte“, und er galt als Meister aller Künste und Fertigkeiten. Lugh war sowohl ein Krieger als auch ein Künstler, ein Musiker, Dichter, Handwerker und Magier. Besonders in Irland wurde er hoch verehrt, wo er als Anführer der Tuatha Dé Danann im Krieg gegen die Fomorer eine entscheidende Rolle spielte.
Mit seiner magischen Waffe, dem Speer des Lugh, konnte er niemals eine Schlacht verlieren. Doch trotz seiner kriegerischen Kraft stand Lugh auch für Weisheit, Kreativität und Gerechtigkeit. Ihm zu Ehren wurde das keltische Fest Lughnasadh gefeiert, das den Beginn der Erntezeit markierte und bis heute in Irland Spuren hinterlassen hat.
Dagda – der Vater der Götter
Der Dagda gilt als eine Art „Allvater“ der irischen Götterwelt. Er besaß einen riesigen Kessel, der niemals leer wurde, und eine gewaltige Keule, die Leben schenken oder nehmen konnte. Seine Rolle war die des Beschützers, Herrschers und Versorgers. Er war eng mit Fruchtbarkeit, Ernte und dem Jahreskreislauf verbunden – eine Verkörperung von Überfluss, Stärke und göttlicher Ordnung.
Morrígan – Göttin des Krieges und des Schicksals
Die Morrígan gehört zu den dunkelsten und zugleich faszinierendsten Gestalten der keltischen Mythologie. Sie erscheint oft als Kriegs- und Todesgöttin, die in Gestalt einer Krähe über Schlachtfeldern schwebte und den Tod der Krieger ankündigte. Doch sie war auch eine Schicksalsgöttin, die Macht über Sieg oder Niederlage hatte. In manchen Erzählungen erscheint sie als Dreigestalt – Badb, Macha und Nemain –, was ihre Vielschichtigkeit als Göttin von Tod, Fruchtbarkeit und Herrschaft unterstreicht.
Brigid – Göttin des Feuers und der Inspiration
Brigid ist eine der bekanntesten Göttinnen der keltischen Religion und symbolisierte die Verbindung von Inspiration, Heilung und handwerklichem Können. Sie wurde als Schutzpatronin der Dichter, Heiler und Schmiede verehrt. Besonders das Feuer spielte in ihrem Kult eine zentrale Rolle – sowohl als Herdfeuer, das das Leben nährte, als auch als geistiges Feuer der Kreativität.
Interessanterweise überlebte Brigids Verehrung sogar die Christianisierung: Sie ging in die Gestalt der Heiligen Brigida von Kildare über, einer der wichtigsten Nationalheiligen Irlands. Ihre Quellen und heiligen Stätten werden bis heute besucht.
Cernunnos – der Gehörnte
Cernunnos ist einer der geheimnisvollsten und ältesten keltischen Götter. Er wird fast immer mit Hirschgeweihen dargestellt und gilt als Herr der Tiere, Wächter der Wälder und Symbol für Fruchtbarkeit und Naturkraft. Archäologische Funde, etwa der berühmte Gundestrup-Kessel, zeigen ihn in einer sitzenden, meditativen Pose, oft umgeben von Tieren wie Hirschen, Schlangen oder Wölfen.
Cernunnos stand für den Kreislauf des Lebens – Geburt, Wachstum, Tod und Wiedergeburt – und war eng mit der Wildnis und der ungezähmten Natur verbunden. Viele moderne Interpretationen sehen in ihm eine Art „grünen Mann“ oder Urahn des Waldgottes, der bis in heutige Mythen und Fantasy-Erzählungen nachwirkt.
Epona – Göttin der Pferde
Epona war die Schutzgöttin der Pferde, Reiter und Stallungen. Ihr Kult war so stark, dass er selbst von den Römern übernommen wurde. Sie wurde oft dargestellt, wie sie auf einem Pferd sitzt oder von Pferden flankiert wird. Besonders für keltische Krieger und Reiterstämme hatte sie große Bedeutung.
Taranis – Gott des Donners
Taranis ist ein keltischer Gott des Himmels und des Donners, vergleichbar mit dem germanischen Thor oder dem römischen Jupiter. Er wird oft mit einem Rad dargestellt, das vermutlich die Sonne symbolisiert. Römische Quellen berichten, dass ihm sogar Menschen geopfert worden sein sollen, um seine Macht zu besänftigen.
Regionale Unterschiede: Ein zersplittertes Götterpantheon
Ein besonderes Merkmal der keltischen Religion war ihre starke Regionalität. Während die Römer eine vergleichsweise einheitliche Götterwelt kannten, existierte bei den Kelten ein vielschichtiges Netz an lokalen Gottheiten, die oft nur in einem bestimmten Stamm oder einer Region verehrt wurden. Archäologische Funde von Inschriften und Votivgaben belegen hunderte von Götternamen, von denen viele nur einmal auftauchen.
So finden wir in Gallien beispielsweise Gottheiten wie Sucellus, den „Schläger mit dem Hammer“, oder Epona, die Pferdegöttin, die in römischer Zeit sogar im gesamten Reich große Popularität erlangte. In Irland und Wales hingegen sind es die mythologischen Überlieferungen wie das Lebor Gabála Érenn oder die Mabinogion, die uns von Gottheiten wie Dagda, Lugh oder Rhiannon erzählen.
Diese Vielfalt verdeutlicht, dass die Kelten ihre Religion stark an lokale Gegebenheiten und Bedürfnisse anpassten. Ein Gott konnte für eine bestimmte Quelle, einen Berg oder einen Fluss zuständig sein. Andere Götter wiederum nahmen universelle Rollen ein und wurden in größeren Teilen des keltischen Kulturraumes verehrt.
Verschmelzung mit römischer Religion
Mit der Eroberung Galliens und Britanniens durch Rom kam es zu einer intensiven Vermischung keltischer und römischer Religion. Viele keltische Götter wurden dabei mit römischen Gottheiten gleichgesetzt. So wurde der gallische Taranis häufig mit Jupiter identifiziert, Lugh mit Merkur und Epona blieb als eigenständige Göttin sogar in Rom hochverehrt.
Die sogenannte Interpretatio Romana führte dazu, dass sich die keltische Götterwelt wandelte und in römischen Inschriften und Tempeln neue Formen annahm. Für Historiker ist das Fluch und Segen zugleich: Einerseits gingen viele ursprüngliche Namen und Eigenschaften verloren, andererseits verdanken wir dieser römischen Praxis wertvolle schriftliche Zeugnisse über keltische Religion, die sonst vielleicht völlig im Dunkel geblieben wäre.
Große Göttinnen der Kelten
Neben den männlichen Göttern hatten weibliche Gottheiten eine herausragende Bedeutung. Tatsächlich waren viele Kultzentren und Rituale auf Göttinnen ausgerichtet, die Fruchtbarkeit, Natur und Souveränität verkörperten.
Epona – die Pferdegöttin
Epona war eine der wenigen keltischen Göttinnen, die sogar im gesamten Römischen Reich verehrt wurde. Sie symbolisierte Pferde, Reiter und Fruchtbarkeit. Besonders von Soldaten und Händlern wurde sie angerufen, da Pferde für Transport, Handel und Krieg unverzichtbar waren.
Brigid – die Göttin des Feuers und der Dichtkunst
Brigid war eine Göttin der Inspiration, des Handwerks, der Heilung und des Feuers. Sie wurde in Irland so stark verehrt, dass sie später in das Christentum integriert wurde – als Heilige Brigid von Kildare. Bis heute ist sie eine der bekanntesten Gestalten der keltischen Mythologie.
Die Matronen
Ein weiteres faszinierendes Phänomen sind die sogenannten Matronen oder „Mütter“. Diese dreigestaltigen Göttinnen erscheinen auf zahlreichen Reliefs in Gallien und Germanien. Sie verkörperten Fruchtbarkeit, Schutz und das Wohl der Gemeinschaft. Oft saßen sie mit Früchten, Körben oder Kindern dargestellt da – Symbole für Leben, Nahrung und Zukunft.
Die dunkle Seite: Kriegsgöttinnen und Todesmächte
Die Kelten kannten auch Göttinnen, die mit Krieg, Tod und Schicksal verbunden waren.Allen voran steht The Morrígan, eine komplexe Gestalt, die als Kriegs- und Todesgöttin, aber auch als Schicksalsweberin gilt. Sie erscheint oft in Gestalt einer Krähe oder Raben, beobachtet Schlachten und bestimmt über Leben und Tod. Manchmal tritt sie als Dreigestalt auf – Morrígan, Badb und Macha –, die zusammen ein unaufhaltsames Machtgefüge bilden.
Ihre Rolle erinnert stark an die nordischen Nornen oder die Walküren, doch ist sie wesentlich ambivalenter: Sie schenkt sowohl Zerstörung als auch Erneuerung. In den Mythen kann sie eine Kriegergruppe inspirieren – oder sie ins Verderben stürzen.
Die Götter der Kelten in Britannien und Irland
Während wir über die gallischen Götter vor allem aus römischen Quellen und Inschriften wissen, haben sich in Irland und Wales ganze Mythenzyklen erhalten. Diese Texte, die allerdings erst im Mittelalter von christlichen Mönchen niedergeschrieben wurden, bewahren ein faszinierendes Bild der alten keltischen Religion.
Irland: Die Tuatha Dé Danann
Das irische Pantheon wird oft mit den Tuatha Dé Danann gleichgesetzt, was „Das Volk der Göttin Danu“ bedeutet. Diese Gottheiten gelten als einstige Herrscher Irlands, die nach ihrer Niederlage gegen die Milesier in die Anderswelt verbannt wurden – und dort als unsterbliche Wesen fortlebten.
Zu den bekanntesten Gestalten zählen:
Dagda, ein Vatergott und Herr der Fruchtbarkeit, der Macht über Leben und Tod hatte.
Brigid, Göttin der Dichtkunst, Heilkunst und Schmiedekunst, die später in der christlichen Tradition als Heilige Brigid weiterlebte.
Lugh, Gott des Lichts, der Künste und der Kriegsführung, verehrt für seine Vielseitigkeit.
Morrígan, Göttin des Krieges, des Schicksals und der Prophezeiung, die oft als Rabenfrau erschien.
Diese Götter sind stark mit Natur, Magie und Schicksal verbunden und spiegeln den keltischen Glauben an die enge Verbindung zwischen Menschenwelt und Anderswelt wider.
Wales: Die Gestalten des Mabinogion
In den walisischen Mythen – besonders im Mabinogion – begegnen wir ebenfalls übermenschlichen Wesen, die ursprünglich göttlicher Natur waren.
Hier erscheinen Figuren wie:
Arawn, Herrscher des Andersweltreichs Annwn.
Rhiannon, eine Pferdegöttin, die eng mit Fruchtbarkeit und Souveränität verbunden ist.
Bran der Gesegnete, ein Riese und König, der als Vermittler zwischen Menschen- und Götterwelt auftritt.
Diese Mythen wurden zwar stark von der Christianisierung geprägt, doch sie bewahren die
Fazit: Die Vielfalt der keltischen Götterwelt
Die Götter der Kelten spiegeln eine Welt wider, die eng mit der Natur, den Jahreszeiten und den Kräften des Lebens verbunden war. Anders als in vielen anderen Religionen gab es keine streng hierarchische Ordnung oder ein festes Pantheon, sondern eine Vielzahl von Gottheiten, deren Bedeutung je nach Region variierte. Manche Götter waren überall bekannt, andere nur lokal verehrt. Diese Flexibilität machte die keltische Religion besonders anpassungsfähig – selbst unter römischer Herrschaft überlebten viele Götter, indem sie mit römischen Gottheiten verschmolzen wurden.
Die Überlieferung ist zwar lückenhaft und fragmentarisch, doch durch archäologische Funde, römische Quellen und irische Mythen entsteht ein Bild von einer reichen und tief verwurzelten Glaubenswelt. Die Götter der Kelten standen für Fruchtbarkeit, Krieg, Weisheit, Naturkräfte und das Jenseits – Themen, die auch heute noch faszinieren.
FAQ zu den keltischen Göttern
Gab es ein einheitliches keltisches Pantheon wie bei den Griechen oder Römern?
Nein, die keltische Religion war stark regional geprägt. Manche Götter waren weit verbreitet, andere nur lokal bekannt. Es existierte kein einheitliches Pantheon, sondern ein flexibles System aus Göttern und Geistern.
Welche Quellen berichten über die keltischen Götter?
Hauptsächlich archäologische Funde (Tempel, Inschriften, Opfergaben), römische Berichte (z. B. Cäsar, Tacitus) und spätere keltische Sagen, vor allem aus Irland und Wales.
Wurden die keltischen Götter auch nach der Christianisierung verehrt?
Offiziell nicht, doch viele Götter gingen in christlichen Heiligenfiguren oder Volksbräuchen auf. Göttinnen wie Brigid wurden als Heilige verehrt, Naturkulte überlebten in Festen wie Beltane oder Samhain.
Welche Parallelen gibt es zwischen keltischen und nordischen Göttern?
Beide Religionen sind polytheistisch und naturverbunden. Götter wie der keltische Lugh und der nordische Odin teilen Aspekte wie Weisheit, Magie und Krieg. Allerdings sind die Überlieferungen der nordischen Mythologie vollständiger und klarer strukturiert.
Die Welt der Kelten steckt voller Geheimnisse – von ihren mächtigen Gottheiten bis zu den Mythen, die sich über Jahrhunderte gehalten haben. Wenn dich die Verbindung von Geschichte, Glaube und Legenden fasziniert, dann stöbere weiter auf meinem Blog und entdecke auch die Mythen der Wikinger und die nordische Götterwelt. Abonniere außerdem meinen Newsletter, um keine neuen Artikel zu verpassen und noch tiefer in die faszinierende Welt alter Kulturen einzutauchen!










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