Wikinger vs. Kelten – Unterschiede in Glaube, Kampf und Kultur
- Michael Praher

- 2. Aug.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 31. Aug.

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung: Zwei Völker, zwei Welten?
Wenn wir heute an die Wikinger und die Kelten denken, entstehen oft völlig unterschiedliche Bilder vor dem inneren Auge: Hier die seefahrenden Krieger des Nordens mit Äxten und Drachenbooten, dort die mystischen Druiden, keltischen Knoten und Hügelgräber. Beide Kulturen waren aber nicht nur prägend für Europa – sie hinterließen tiefe Spuren in Mythologie, Sprache und Kultur. Doch wie unterschieden sie sich wirklich? In diesem Artikel nehmen wir ihre Weltanschauungen, ihren Glauben, ihre Kriegskunst und ihr Alltagsleben genau unter die Lupe.
Ursprung und geographische Verteilung
Die Wikinger, auch als Nordmänner bekannt, stammten aus Skandinavien (heutiges Norwegen, Schweden, Dänemark) und begannen zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert, große Teile Europas zu bereisen, zu handeln, zu plündern und sich niederzulassen.
Die Kelten hingegen sind ein weitaus älteres Volk. Ihre Kultur lässt sich bis ins 8. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen. Sie siedelten in weiten Teilen Europas: von Irland und Britannien über Gallien (Frankreich) bis nach Galizien (Spanien) und Böhmen.

Glaube und Mythologie
Die Welt der Götter
Wikinger: Ihr Glaube war polytheistisch und basiert auf der nordischen Mythologie. Die bekanntesten Götter sind Odin, Thor, Freyja und Loki. Es gab eine klare Vorstellung von kosmischer Ordnung, mit Yggdrasil als Weltenbaum und neun verbundenen Welten.
Kelten: Auch die Kelten verehrten viele Götter, aber ihre Götterwelt war weniger geordnet. Lokale Gottheiten konnten sich stark unterscheiden. Göttinnen wie Brigid, Morrígan oder der Gott Lugh zeigen die Vielfalt. Keltische Götter waren oft mit natürlichen Orten verbunden – Flüsse, Bäume, Berge.
Rituale und Religion

Wikinger: Es gab kultische Zeremonien, Opfergaben (z. B. Tiere, Waffen) und vermutlich auch Menschenopfer. Tempel wie in Uppsala dienten als rituelle Zentren.
Kelten: Die Religion war tief in der Natur verwurzelt. Druiden spielten eine zentrale Rolle – als Priester, Richter und Heiler. Opfer fanden oft an Quellen oder in Wäldern statt. Auch hier sind Menschenopfer belegt, z. B. durch Moorleichen.
Kriegsführung und Waffen
Taktiken und Organisation
Wikinger: Die Wikinger waren nicht nur Plünderer, sondern auch gut organisierte Kämpfer. Ihre Stärke lag im Überraschungsmoment, in der Mobilität ihrer Schiffe und in koordinierten Angriffen. Sie nutzten Formationen wie den Schildwall („skjaldborg“) und waren sowohl im Nahkampf als auch auf See effektiv.
Kelten: Keltische Krieger kämpften in Clans oder Stämmen, oft mit viel individueller Tapferkeit, aber weniger zentraler Organisation. Sie setzten auf furchteinflößende Auftritte: Körperbemalung, Schreie, Anstürme. Ihre Elite-Krieger – die „Gaesatae“ – kämpften manchmal nackt, um ihre Furchtlosigkeit zu demonstrieren.
Waffen und Ausrüstung

Wikinger: Typisch waren Äxte, Schwerter, Speere und Rundschilde. Der Helm war meist schlicht – Hörnerhelme sind ein Mythos. Kettenhemden waren teuer und eher den Wohlhabenden vorbehalten.
Kelten: Sie nutzten Langschwerter, Speere, runde oder ovale Schilde und Dolche. Viele trugen kunstvoll verzierte Helme. Keltische Metallbearbeitung galt als hochentwickelt – insbesondere in Eisen und Bronze.
Gesellschaft und Struktur
Soziale Ordnung
Wikinger: Die Gesellschaft war in Jarle (Adel), Karls (freie Bauern/Krieger) und Thralls (Sklaven) gegliedert. Recht, Ehre und Blutrache spielten zentrale Rollen. Das „Thing“ – eine Versammlung freier Männer – entschied über Recht und Gesetz.
Kelten: Auch die keltische Gesellschaft war streng hierarchisch: Könige, Adlige, Krieger, Bauern und Handwerker. Die Druiden bildeten eine eigene mächtige Klasse mit Einfluss auf Religion, Bildung und Rechtsprechung.
Die Rolle der Frauen bei den Wikingern und Kelten
Wikinger: Frauen konnten Land besitzen, sich scheiden lassen und in Notfällen Hof und Handel führen. In der Mythologie wie im Alltag finden sich auch Hinweise auf kämpfende Frauen (Schildmaiden), auch wenn ihr realer Anteil umstritten ist.
Kelten: Keltische Frauen hatten in vielen Stämmen vergleichsweise viele Rechte. Es gab Berichte über weibliche Kriegerinnen, Königinnen wie Boudicca und auch weibliche Druiden. Römische Autoren bemerkten die relative Freiheit keltischer Frauen im Vergleich zu ihren eigenen.
Kunst, Symbolik und Sprache
Kunsthandwerk und Ästhetik
Wikinger: Wikingerkunst ist geprägt von stilisierten Tiermotiven, ineinander verschlungenen Formen und Runeninschriften. Die Kunst war funktional – dekorierte Waffen, Schmuck, Schiffssteven, Alltagsgegenstände. Besonders berühmt ist der sogenannte Urnes-Stil der Spätwikingerzeit.
Kelten: Keltische Kunst war fließend, geometrisch und symbolisch. Spiralen, Knoten, Tiermotive und Naturformen bestimmten Schmuck, Waffen und Steinmonumente. Viele Artefakte wie das „Gundestrup-Kessel“ zeigen mystische Szenen mit Göttern und Naturwesen.
Sprache und Schrift
Wikinger: Die Wikinger sprachen Altnordisch. Ihre Schrift war die Futhark-Runenschrift – anfangs die ältere, dann die jüngere Variante. Sie wurde auf Holz, Stein oder Metall geritzt und hatte neben der praktischen auch magische Bedeutung.
Kelten: Die Kelten hatten keine einheitliche Schriftsprache. Ihre Sprachen gehörten zur keltischen Sprachfamilie (z. B. Gallisch, Irisch, Walisisch). Schriftlich überliefert ist wenig – vor allem, weil Druiden ihr Wissen mündlich weitergaben. Später verwendeten sie das Ogam-Alphabet in Irland.
Moderne Rezeption & Missverständnisse
Popkultur & Identität
Wikinger: Wikinger sind medial präsent: Serien wie Vikings, Spiele wie Assassin’s Creed Valhalla, Metalbands, Tattoos. Dabei verschwimmen oft historische Fakten mit Mythen – z. B. der Hörnerhelm oder das Bild des dauerplündernden Barbaren.
Kelten: Die Kelten erleben ein Revival in Fantasy, esoterischen Bewegungen und Folk-Kultur. Keltische Knoten, Druidensymbole oder das keltische Rad sind populär – doch häufig vermischt mit modernen Erfindungen oder neopaganen Interpretationen.
Nationalmythen und Ideologie
Sowohl Kelten als auch Wikinger wurden in der Geschichte ideologisch vereinnahmt. Wikinger galten zeitweise als Symbol nordischer Stärke, Kelten als mystisches Urvolk Europas. Moderne Forschung versucht diese Zuschreibungen kritisch zu hinterfragen und die Vielschichtigkeit beider Kulturen neu zu beleuchten.
Fazit: Zwei Kulturen, zwei Kosmen
Die Wikinger und die Kelten waren keine einfachen Kriegerstämme, sondern komplexe Kulturen mit tiefgreifender Religion, Kunst und Gesellschaft. Während die Wikinger durch ihre Mobilität und pragmatische Weltsicht beeindrucken, faszinieren die Kelten mit ihrer mystischen Symbolik und spirituellen Tiefe.
In der direkten Begegnung (z. B. in Irland oder Schottland) kam es zu Kampf, aber auch kulturellem Austausch. Beide Kulturen hinterließen bleibende Spuren – und sind bis heute Projektionsflächen für Abenteuer, Identität und Spiritualität.
Vergleichstabelle (Kurzüberblick)
FAQ – Häufige Fragen
Gab es direkte Kontakte zwischen Wikingern und Kelten?
Ja, insbesondere in Irland, Schottland und auf den Britischen Inseln. Dort kämpften und siedelten Wikinger – oft in Gebieten mit keltischer Bevölkerung.
Waren die Kelten wirklich so spirituell?
Die antiken Quellen – vor allem römische – beschreiben sie als naturverbunden und spirituell. Doch vieles ist durch römische Propaganda gefärbt. Die Wahrheit liegt zwischen Mystik und Pragmatik.
Sind keltische und nordische Mythologie miteinander verwandt?
Indirekt – beide stammen aus indogermanischer Tradition, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte und Götterwelten. Manche Symbole (z. B. Weltenbaum, Sonnenräder) ähneln sich.
Gab es weibliche Krieger bei beiden?
Bei den Kelten sind historische Kriegerinnen wie Boudicca überliefert. Bei den Wikingern gibt es Hinweise auf Schildmaiden – doch ihre reale Existenz ist teils umstritten.
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