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Vinland – Die Entdeckung Amerikas durch die Wikinger

  • Autorenbild: Michael Praher
    Michael Praher
  • vor 18 Minuten
  • 6 Min. Lesezeit
Nordische Entdecker auf der Reise nach Vinland

Einleitung: Als die Nordmänner Amerika betraten

Lange bevor Christoph Kolumbus im Jahr 1492 die „Neue Welt“ entdeckte, hatten die Wikinger bereits ihren Fuß auf amerikanischen Boden gesetzt. Um das Jahr 1000 erreichten nordische Seefahrer unter der Führung von Leif Erikson, dem Sohn des berühmten Erik des Roten, die Küsten eines Landes, das sie Vinland nannten – das „Weinland“.

Diese Entdeckung war kein Zufall, sondern das Ergebnis von Generationen nordischer Entdeckerlust, technischer Meisterschaft im Schiffsbau und einem unstillbaren Drang, das Unbekannte zu erforschen. Vinland steht heute sinnbildlich für die wagemutige Seite der Wikinger – zwischen Mythos, Abenteuer und archäologischer Realität.

Die Entdeckung Vinlands – Von Island über Grönland in die Neue Welt

Erik der Rote und der Weg nach Westen

Die Geschichte Vinlands beginnt mit Erik dem Roten, der um 985 n. Chr. nach seiner Verbannung aus Island die Insel Grönland besiedelte. Seine Kolonien wuchsen schnell und boten einen Ausgangspunkt für weitere Expeditionen nach Westen – dorthin, wo Seefahrer manchmal „neue Länder“ am Horizont gesehen haben wollten.

Sein Sohn Leif Erikson, getrieben von Abenteuerlust und inspiriert durch Erzählungen anderer Wikinger (darunter der Händler Bjarni Herjólfsson, der vermutlich als Erster Amerika erblickte, ohne an Land zu gehen), machte sich um das Jahr 1000 selbst auf den Weg.


Leif Erikson und die Landnahme

Leif segelte von Grönland aus nach Westen und stieß nach tagelanger Fahrt auf neue Küsten:


  • Zuerst erreichte er ein felsiges Land, das er Helluland („Steinland“) nannte – wahrscheinlich die heutige Baffininsel.

  • Danach folgte Markland („Waldland“) – vermutlich Labrador in Kanada.

  • Schließlich gelangte er in ein fruchtbareres Gebiet, das er Vinland taufte.


Dort fand er wilde Trauben, reiche Wälder und milderes Klima – ein starkes Kontrastbild zu Grönlands karger Landschaft.

Vinland in den Sagas – Mythos und Überlieferung

Zwei isländische Sagas berichten über die Entdeckung Vinlands: die Grænlendinga saga (Saga der Grönländer) und die Eiríks saga rauða (Saga von Erik dem Roten). Beide schildern ähnliche Ereignisse, unterscheiden sich aber in Details und Figuren.


In diesen Erzählungen werden Leif Erikson und seine Gefährten als mutige Entdecker beschrieben, die neue Länder kartierten, Häuser bauten und Handel trieben. Vinland erschien als ein Land der Fülle, reich an Nahrung und Rohstoffen – beinahe paradiesisch im Vergleich zu Skandinavien oder Grönland.


Doch auch hier stießen sie bald auf Herausforderungen: fremde Menschen, raue Natur und die schwierige Aufgabe, eine dauerhafte Siedlung fern der Heimat zu errichten.

Die Siedlung in Vinland – L’Anse aux Meadows

Archäologische Entdeckung in Neufundland

Bis ins 20. Jahrhundert hielt man die Erzählungen über Vinland vielfach für Mythen. Erst 1960 wurde an der Nordspitze Neufundlands eine sensationelle Entdeckung gemacht: die Überreste einer nordischen Siedlung bei L’Anse aux Meadows.


Archäologen fanden dort Reste von Langhäusern, Schmieden, Bootswerften und Eisenschlacken, die eindeutig skandinavischen Ursprungs waren. Radiokarbonmessungen datieren sie auf etwa um das Jahr 1000 n. Chr. – genau zur Zeit Leif Eriksons.

Diese Funde lieferten den ersten unwiderlegbaren Beweis dafür, dass die Wikinger tatsächlich Amerika erreichten, rund 500 Jahre vor Kolumbus.


Charakter der Siedlung

Die Anlage in L’Anse aux Meadows war vermutlich kein dauerhafter Wohnort, sondern eher eine Basisstation oder Reparatur- und Versorgungsstelle für Expeditionen weiter südlich. Sie zeugt von technischer Organisation, Planung und maritimer Kompetenz, die den Nordmännern erlaubten, selbst den Atlantik zu überqueren – eine Leistung, die ihrer Zeit weit voraus war.

Handel, Konflikte und Aufgabe des Siedlungsversuchs

Die Kontakte mit den einheimischen Bewohnern Amerikas – die in den Sagas als Skrælingar bezeichnet werden – verliefen zunächst friedlich, wandelten sich aber bald in Feindseligkeiten und Konflikte. Die Wikinger versuchten offenbar, mit den Einheimischen Handel zu treiben, scheiterten jedoch an kulturellen Missverständnissen und gewaltsamen Auseinandersetzungen.


Zudem war die Entfernung zur Heimat enorm. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, Vinland dauerhaft zu besiedeln, gaben die Nordmänner das Unternehmen auf. Die Spuren ihrer kurzen Präsenz verblassten – bis die Mythen und Sagas Jahrhunderte später wiederentdeckt wurden.

Die Wiederentdeckung Vinlands – Auf der Spur der nordischen Seefahrer

Von Sagen zur Wissenschaft

Jahrhundertelang galten die Vinland-Sagas als Legenden – faszinierende, aber nicht überprüfbare Geschichten aus dem isländischen Mittelalter. Erst mit der Entwicklung der modernen Archäologie im 19. und 20. Jahrhundert begann man, die Überlieferungen ernsthaft zu untersuchen.


Forscher verglichen die geografischen Beschreibungen der Sagas mit realen Küstenlinien und Klimaangaben. Besonders spannend war die Erwähnung von Trauben und mildem Wetter, was darauf hindeutete, dass Vinland südlicher als Neufundland gelegen haben könnte – vielleicht in Nova Scotia, New Brunswick oder sogar Neuengland.

Doch die erste greifbare Entdeckung erfolgte – fast beiläufig – durch Helge Ingstad, einen norwegischen Entdecker, und seine Frau Anne Stine Ingstad, eine Archäologin.


Rekonstruktion der Siedlung Vinland
Von Dylan Kereluk aus White Rock, Canada - Flickr, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=351717

L’Anse aux Meadows – Archäologische Sensation im Norden

Die Entdeckung von 1960

Als das Ehepaar Ingstad 1960 an der Nordspitze Neufundlands ankam, fanden sie auf den ersten Blick unscheinbare Graswälle – doch bei näherer Untersuchung entpuppten sie sich als Grundrisse nordischer Langhäuser. Ausgrabungen förderten Eisenwerkstätten, Schmiedeschlacke, Spinnwirtel, Bootsnägel und norwegische Werkzeuge zutage – Beweise für eine Präsenz skandinavischer Menschen in Nordamerika um das Jahr 1000 n. Chr..


Funktion und Bedeutung

Die Siedlung bestand aus acht Gebäuden, darunter Wohnhäuser, Werkstätten und Vorratsräume. Sie war mit Holz, Torf und Rasen errichtet – typisch für nordische Bauweise. Die Lage nahe der Küste ließ vermuten, dass L’Anse aux Meadows ein Stützpunkt für Expeditionen weiter südlich war, nicht das eigentliche „Vinland“.

Von hier aus könnten die Wikinger Rohstoffe wie Holz, Eisen, Tierfelle und vielleicht Weintrauben in die Grönlandkolonien gebracht haben.

Weitere Fundorte und Theorien

Neue Hinweise in Nordamerika

Seit der Entdeckung von L’Anse aux Meadows haben Forscher nach weiteren Spuren nordischer Präsenz in Nordamerika gesucht. Einige Indizien deuten darauf hin, dass die Wikinger weiter südlich vorgedrungen sein könnten:


  • In Point Rosee (Neufundland) wurden Spuren einer möglichen Eisenschmelze gefunden – die Datierung ist jedoch umstritten.

  • An der Ostküste Kanadas tauchten Artefakte aus Grönland auf, die auf Handelskontakte schließen lassen.

  • DNA-Analysen in Island und Grönland deuten auf genetische Einflüsse indigener Frauen hin – ein Hinweis, dass es möglicherweise Kontakte oder gar Nachkommen zwischen Wikingern und amerikanischen Ureinwohnern gab.


Trotz dieser Hinweise bleibt L’Anse aux Meadows der einzige eindeutig belegte nordische Fundort in Amerika – bislang.

Vinland in der modernen Forschung

Zwischen Mythos und Geschichte

Heute ist die Erforschung Vinlands ein interdisziplinäres Feld, das Archäologie, Literaturwissenschaft, Genetik und Klimaforschung verbindet. Vinland wird nicht mehr als ein einzelner Ort betrachtet, sondern als gesamte Region, die sich wahrscheinlich von Neufundland über den Sankt-Lorenz-Golf bis Neuengland erstreckte.

Neuere Theorien gehen davon aus, dass die Wikinger dort regelmäßig handelten, Rohstoffe sammelten und Kontakte mit den lokalen Völkern pflegten – ohne je eine dauerhafte Kolonie zu gründen.


Was Vinland für die Geschichte bedeutet

Vinland zeigt, dass die Wikinger die ersten Europäer in Amerika waren – ein halbes Jahrtausend vor Kolumbus. Ihre Entdeckungen beweisen, dass sie nicht nur Krieger und Eroberer, sondern hochentwickelte Seefahrer, Händler und Forscher waren.

Diese Erkenntnis hat das Bild der Wikinger grundlegend verändert: Von wilden Barbaren zu Pionieren der Globalisierung, die bereits im frühen Mittelalter Kontinente miteinander verbanden.

Vinland im kulturellen Gedächtnis

In Island, Norwegen und sogar in Kanada hat Vinland bis heute eine symbolische Bedeutung. Es steht für Mut, Neugier und den menschlichen Drang, das Unbekannte zu entdecken. In Literatur, Kunst und Popkultur – von Sagas bis zu Serien wie Vikings – wird Vinland oft als Ort der Hoffnung, Freiheit und neuen Anfänge dargestellt.

Die Vorstellung, dass die Nordmänner Amerika betraten, bevor es überhaupt so genannt wurde, weckt bis heute Bewunderung – und ein leises Staunen darüber, wie viel wir ihnen verdanken.

Fazit: Das Vermächtnis Vinlands

Vinland ist mehr als nur ein historischer Ort – es ist ein Beweis für die Weitsicht und Entdeckerfreude der Wikinger. Sie wagten, was andere für unmöglich hielten, und hinterließen Spuren, die Jahrhunderte überdauerten. Auch wenn ihre Siedlung scheiterte, blieb ihr Geist lebendig – in den Sagas, in den Landschaften Neufundlands und in der Erinnerung an ein Volk, das immer nach Westen blickte.

FAQ zu Vinland

Wo lag Vinland genau?

Die genaue Lage ist bis heute umstritten. Sicher ist, dass sich L’Anse aux Meadows auf Neufundland befand, während das eigentliche „Vinland“ wahrscheinlich weiter südlich lag – möglicherweise im Gebiet des heutigen Neuenglands oder Nova Scotia.

Wer entdeckte Vinland?

Leif Erikson, Sohn von Erik dem Roten, gilt als der erste Europäer, der um das Jahr 1000 n. Chr. Amerika betrat.

Haben die Wikinger dauerhaft in Vinland gelebt?

Nein, die Siedlung war vermutlich nur ein saisonaler Stützpunkt. Dauerhafte Kolonien wurden nicht gegründet.

Warum gaben die Wikinger Vinland auf?

Vermutlich wegen Konflikten mit den einheimischen Völkern, der großen Entfernung zu Grönland und fehlender Versorgung.

Was bedeutet der Name „Vinland“?

„Vinland“ heißt wörtlich „Weinland“ – wahrscheinlich, weil dort wilde Trauben wuchsen oder das Land als besonders fruchtbar empfunden wurde.

Wenn dich die Geschichte von Vinland fasziniert, lies weiter auf meinem Blog:


Entdecke mehr über Leif Erikson, die Kunst der Wikinger-Navigation, oder darüber, wie ihre Entdeckungen die Welt veränderten.

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