Wie wohnten die Wikinger? – Einblicke in Hausbau, Materialien und Alltagsarchitektur eines Wikingerhauses
- Michael Praher

- 11. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Aug.

Inhaltsverzeichnis:
🔸 Fazit
🔸 FAQ
Einleitung: Mehr als nur Langhäuser
Wenn wir an die Wikinger denken, dominieren oft Bilder von Langschiffen, Schlachten und Mythologie. Doch das alltägliche Leben der Menschen im Norden spielte sich vor allem an einem Ort ab: dem eigenen Heim. Die Art und Weise, wie die Wikinger wohnten, erzählt viel über ihre Lebensweise, sozialen Strukturen und Umweltanpassungen. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die Wohnbauten der Wikinger – von der Konstruktion bis hin zur symbolischen Bedeutung der Häuser.
Die Architektur der Wikingerhäuser: Funktion trifft auf Lebensraum
Das Langhaus – das Herz des Wikingerlebens

Das typische Wohnhaus der Wikinger war das sogenannte Langhaus (altnordisch: „langhús“). Diese Gebäude waren meist rechteckig, zwischen 15 und 75 Meter lang und zwischen 5 und 7 Meter breit. In ländlichen Regionen Norwegens und Islands konnten sie auch deutlich kleiner sein. Das Langhaus diente als Wohn-, Schlaf- und Arbeitsraum für die gesamte Familie – in vielen Fällen lebten mehrere Generationen unter einem Dach. Auch Vieh wurde im selben Gebäude untergebracht, meist am einen Ende des Hauses, während die Familie auf der anderen Seite lebte.
Materialien und Bauweise: Anpassung an Natur und Klima
Stein, Holz und Torf – regionale Unterschiede
Die verwendeten Baumaterialien variierten stark je nach Region. In waldreichen Gebieten wie Südskandinavien dominierte der Holzbau, insbesondere aus Eiche, Esche und Kiefer. In baumarmen Regionen wie Island oder den Färöern kamen Torf, Grassoden und Lavagestein zum Einsatz. Die Grundkonstruktion bestand aus einem Holzrahmen mit seitlichen Stützpfosten. Die Wände wurden mit Flechtwerk ausgefüllt und mit Lehm verputzt oder mit Grassoden bedeckt.
Die Dächer waren meist schräg und tiefgezogen, um Wind und Regen besser abzuweisen. In Island bestanden sie oft aus Grassoden mit einer dicken Torfschicht – nicht nur als Isolierung, sondern auch als Tarnung und Erosionsschutz.

Innenleben: Dunkel, warm und gemeinschaftlich
Die zentrale Feuerstelle
Im Inneren war das Herz des Hauses die offene Feuerstelle (altnordisch: „eldhús“), meist mittig im Langhaus gelegen. Sie spendete Wärme und Licht, diente zum Kochen und symbolisierte das Zentrum des Familienlebens. Es gab keine Kamine – der Rauch zog durch eine Öffnung im Dach oder durch das Dachmaterial selbst ab. Das bedeutete, dass viele Häuser innen rußgeschwärzt waren und es oft nach Rauch roch.
Entlang der Seitenwände befanden sich niedrige Plattformen oder Bänke, die als Schlaf- und Sitzgelegenheiten dienten. Privatsphäre war kaum vorhanden – das Leben war kollektiv, eng und pragmatisch.
Mehr als nur ein Dach über dem Kopf: Die soziale und symbolische Rolle des Hauses
Status und Architektur: Wie Häuser Macht demonstrierten
Nicht alle Wikingerhäuser waren gleich. Die Größe, Bauweise und Ausstattung eines Hauses verrieten viel über den sozialen Status seiner Bewohner. Während ein einfaches Bauernhaus vielleicht 15 bis 20 Meter lang war, konnten die Langhäuser wohlhabender Jarle oder Häuptlinge über 50 Meter messen. Besonders beeindruckende Beispiele wurden mit kunstvoll geschnitzten Türrahmen, aufwendig verzierten Dachsparren oder repräsentativen Eingangsbereichen ausgestattet. Auch die Zahl der Feuerstellen war ein Prestigezeichen – mehr Feuer bedeutete mehr Wärme und Unabhängigkeit.
Diese großen Hallen dienten nicht nur als Wohnräume, sondern oft auch als gesellschaftlicher Mittelpunkt: Hier wurden Feste gefeiert, politische Treffen abgehalten und Gäste empfangen. Solche Häuser waren Zentren der Macht.

Siedlungen und Höfe: Wikingerleben in der Gemeinschaft
Die meisten Wikinger lebten nicht alleinstehend, sondern in kleinen Höfen oder Dörfern. Ein typischer Hof bestand aus dem Langhaus als Hauptgebäude sowie mehreren Nebengebäuden: Vorratshäusern, Stallungen, Schmieden, Webereien oder Lagerhäusern. Diese waren häufig in einem Halbkreis oder einer Reihe angeordnet, um Windschutz zu bieten und den Innenhof besser nutzen zu können.
Besonders große Höfe, etwa in Dänemark oder Südschweden, hatten befestigte Elemente wie Palisaden oder Wälle – ein Zeichen für politische oder militärische Bedeutung.
Architektur als Spiegel der Umwelt
Inselbewohner und Klimapioniere
Die Wikinger lebten in sehr unterschiedlichen geografischen Regionen – von den windigen Küsten Norwegens über die feuchten Ebenen Dänemarks bis zu den eisigen Hochebenen Islands. Ihre Häuser spiegelten diese Umweltbedingungen wider. In Island etwa waren Torfhäuser nicht nur energiesparend, sondern auch perfekt an das raue Klima angepasst. In Dänemark wurden Grubenhäuser entdeckt – kleine, halb eingegrabene Gebäude, die als Werkstätten oder temporäre Schlafräume dienten.
Nachhaltigkeit und Wiederverwertung
Die Wikinger gingen sorgfältig mit ihren Ressourcen um. Holz war wertvoll, und alte Balken wurden oft wiederverwendet. Dächer wurden regelmäßig erneuert, insbesondere wenn sie mit Grassoden gedeckt waren. Auch bei Umzügen – etwa bei Siedlern in Island oder Grönland – nahm man Baumaterialien, Werkzeuge und Bautechniken mit.
Fazit: Häuser als Spiegel der Wikingerkultur
Die Häuser der Wikinger waren mehr als nur Schutzräume: Sie waren Ausdruck sozialer Strukturen, kultureller Identität und ökologischer Anpassung. Vom rauchgeschwärzten Langhaus bis zum repräsentativen Häuptlingssitz erzählen sie Geschichten von Alltag, Gemeinschaft und Überleben in einer oft unwirtlichen Welt.
FAQ – Häufige Fragen zur Wohnweise der Wikinger
Wie viele Menschen lebten in einem Wikingerhaus?
Je nach Größe lebten 10 bis 30 Personen in einem Langhaus – inklusive Familie, Bediensteter und manchmal sogar Vieh.
Gab es Fenster in Wikingerhäusern?
Meistens nicht. Einige Langhäuser hatten kleine Lichtöffnungen, aber hauptsächlich wurde über die Feuerstelle Licht und Wärme erzeugt.
Wie wurde geheizt?
Über offene Feuerstellen im Inneren. Kamine kannten die Wikinger nicht, der Rauch zog über das Dach ab.
Wie lange hielt ein Wikingerhaus?
Je nach Material zwischen 10 und 50 Jahren. Holzhäuser mussten regelmäßig instand gehalten oder neu errichtet werden.
Wenn du noch tiefer in die Lebenswelt der Wikinger eintauchen willst, wirf einen Blick auf meinen Artikel über den Alltag eines Wikingers oder entdecke, wie Wikingerfeste und Gelage im Langhaus abliefen.










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