Lagertha – Die legendäre Schildmaid zwischen Mythos und Wahrheit (Mit Video)
- Michael Praher
- 5. Apr.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 20. Juni

Inhaltsverzeichnis:
Einleitung
Die nordische Sagenwelt ist reich an beeindruckenden Persönlichkeiten, doch nur wenige weibliche Figuren ragen so hervor wie Lagertha. Als Schildmaid, Kriegerin und Anführerin vereint sie Mut, strategischen Verstand und unerschütterliche Eigenständigkeit. Ihre Legende hat nicht nur die mittelalterlichen Chroniken überdauert, sondern lebt heute in Literatur, Film und Fernsehen fort.
Die Ursprünge ihrer Geschichte liegen irgendwo zwischen Fakt und Fiktion. Der dänische Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus war der erste, der Lagertha schriftlich verewigte – als eine Frau mit „männlichem Mut“, die sich neben den tapfersten Kriegern behauptete. Doch wer war Lagertha wirklich? War sie eine reale historische Figur, ein Symbol nordischer Ideale oder eine reine Erfindung literarischer Fantasie? Dieser Artikel begibt sich auf eine Spurensuche zwischen Mythos und Geschichte.
Lagerthas Ursprung: Historische Figur oder nordischer Mythos?
Die erste und wichtigste Quelle über Lagertha ist das Werk Gesta Danorum des Chronisten Saxo Grammaticus aus dem 12. Jahrhundert. In dieser Sammlung dänischer Geschichte und Legenden beschreibt Saxo sie als norwegische Schildmaid, die sich im Kampf als ebenso tapfer wie jeder männliche Krieger erwies.
Doch die Historizität der Schildmaid Lagerthas ist umstritten. Es gibt keine archäologischen Belege oder weiteren zeitgenössischen Berichte, die ihre Existenz bestätigen. Vieles deutet darauf hin, dass sie eher eine mythologische Projektion war – eine idealisierte Frauengestalt, die für Tugenden wie Tapferkeit, Selbstbestimmung und Führungsstärke stand. Ihre Geschichte spiegelt somit weniger ein konkretes Leben als vielmehr ein kulturelles Idealbild wider.
Besonders auffällig ist, wie stark Saxos Darstellung von Lagertha an klassische Heldengeschichten erinnert: Sie kämpft, sie siegt, sie liebt – und sie trotzt allen Widerständen mit eiserner Entschlossenheit. Damit passt sie perfekt in die nordische Erzähltradition, in der nicht nur Männer zu Legenden wurden.
Die Verbindung zu Ragnar Lodbrok
Untrennbar mit Lagerthas Legende verbunden ist ihre Beziehung zu Ragnar Lodbrok – einem der bekanntesten Wikingerhelden der nordischen Überlieferung. Saxo erzählt, dass Ragnar Lagertha bei einem Feldzug gegen einen tyrannischen Herrscher begegnete, der zahlreiche Frauen gefangen hielt. Unter ihnen war auch Lagertha. Doch statt auf Rettung zu warten, kämpfte sie an Ragnars Seite – und bewies ihren Mut auf dem Schlachtfeld.
Beeindruckt von ihrer Tapferkeit und Schönheit, hielt Ragnar um ihre Hand an. Doch Lagertha forderte mehr als schöne Worte: Um ihre Gunst zu gewinnen, musste Ragnar einen Bären und einen riesigen Hund besiegen, die sie zu ihrem Schutz aufgestellt hatte. Diese symbolische Prüfung war Ausdruck ihrer Eigenständigkeit und Stärke – sie wollte nicht gewählt werden, sondern selbst wählen.
Die beiden heirateten schließlich und hatten mindestens eine Tochter. Ihre Ehe jedoch war nicht von Dauer. Ragnar wandte sich später einer anderen Frau zu – Aslaug –, woraufhin sich Lagertha von ihm trennte. Doch ihre Geschichte endete hier nicht, sondern nahm eine neue Wendung.
Lagertha als Schildmaid und Anführerin
Nach der Trennung von Ragnar kehrte Lagertha in ihre Heimat zurück und wurde dort zur Herrscherin über ein eigenes Gebiet. Als militärische Anführerin bewies sie strategischen Weitblick und große Entschlossenheit. In einer späteren Schlacht griff sie mit ihren Truppen ein, um Ragnar aus einer misslichen Lage zu befreien – ein Beweis für ihre Loyalität und Führungsstärke, trotz der persönlichen Vergangenheit.
Besonders bemerkenswert ist die Erzählung, dass sie ihren zweiten Ehemann tötete, um allein über sein Reich zu herrschen. Diese radikale Tat – ob historisch oder symbolisch – wurde von späteren Kommentatoren als Ausdruck ihres unbeugsamen Willens und ihrer Unabhängigkeit interpretiert. Lagertha war keine Frau, die sich den gesellschaftlichen Normen ihrer Zeit unterwarf. Sie nutzte Macht, wenn sie sie erlangen konnte – und sie verteidigte sie mit aller Konsequenz.
In der nordischen Mythologie wird Lagertha damit zu einer der wenigen weiblichen Figuren, die nicht nur überleben, sondern herrschen. Sie ist kein schmückendes Beiwerk in Männergeschichten, sondern Protagonistin ihres eigenen Epos.
Symbolik und Bedeutung Lagerthas
Ob sie wirklich existierte oder nicht – Lagertha ist ein kraftvolles Symbol für weibliche Stärke in der nordischen Welt. Ihre Figur verkörpert das Ideal der Schildmaid (altnordisch: skjaldmær), einer Frau, die sich nicht mit einer passiven Rolle zufrieden gibt, sondern in der Lage ist, für sich selbst zu kämpfen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Historisch gesehen hatten Frauen in der Wikingerzeit mehr Rechte als in vielen anderen Kulturen des Mittelalters. Sie konnten Eigentum besitzen, sich scheiden lassen und in bestimmten Kontexten auch an Kämpfen teilnehmen. Lagertha steht damit sinnbildlich für eine Realität, die häufig unterschätzt wird – und für ein Ideal, das bis heute nachwirkt.
In der modernen Popkultur erlebt Lagertha eine Renaissance – allen voran in der TV-Serie Vikings, in der sie von Katheryn Winnick eindrucksvoll verkörpert wird. Hier ist sie Mutter, Kriegerin und Herrscherin zugleich – eine komplexe Figur, die die traditionelle Geschlechterrollen sprengt und dennoch tief in der nordischen Tradition verwurzelt bleibt.
Fazit: Die unsterbliche Legende einer Schildmaid
Lagertha ist mehr als nur eine Figur aus alten Chroniken – sie ist ein Sinnbild für Mut, Eigenständigkeit und weibliche Macht. Ob als mythologische Heldin, literarisches Konstrukt oder reale Kämpferin – ihre Geschichte inspiriert seit Jahrhunderten Menschen weit über Skandinavien hinaus.
In einer Zeit, in der Frauen in der Geschichtsschreibung oft übersehen werden, ist Lagertha ein leuchtendes Beispiel für die Präsenz und Bedeutung weiblicher Stärke in der Wikingerwelt. Sie zeigt, dass auch in einer von Männern dominierten Zeit Frauen ihren Platz nicht nur forderten – sondern sich ihn nahmen.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Lagertha
Hat Lagertha wirklich gelebt?
Wahrscheinlich nicht in der Form, wie sie in den Sagen beschrieben wird. Ihre Geschichte basiert auf den Schriften von Saxo Grammaticus, der eher literarisch als historisch arbeitete.
Was ist eine Schildmaid?
Eine Schildmaid (skjaldmær) war laut nordischer Überlieferung eine Frau, die aktiv an Kämpfen teilnahm – eine seltene, aber symbolträchtige Rolle.
Gab es Beweise für kämpfende Wikingerfrauen?
Ja, es gibt archäologische Funde – etwa in Birka (Schweden) – die auf weibliche Kriegerinnen hinweisen, allerdings ist deren Interpretation umstritten.
Warum ist Lagertha heute noch so bekannt?
Durch moderne Adaptionen wie die Serie Vikings wurde Lagertha einer neuen Generation bekannt. Sie steht heute symbolisch für starke Frauenfiguren in Mythos und Geschichte.
Welche Quellen berichten über Lagertha?
Die Hauptquelle ist Gesta Danorum von Saxo Grammaticus, verfasst im 12. Jahrhundert. Weitere Quellen gibt es nicht.
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